31.10.08: Irrwitzig ist nicht die Lohnforderung, sondern der Kapitalismus

31.10.08 - Unter dieser Überschrift erschien am Freitag die dritte Ausgabe des bundesweiten Flugblatts "Tarifstreik aktuell" der MLPD.
31.10.08: Irrwitzig ist nicht die Lohnforderung, sondern der Kapitalismus

Bei der Aktionskonferenz der IG Metall Nordrhein-Westfalen zur Vorbereitung der Tarifrunde am 25. Oktober

Einleitend wird die provokative Aussage von Gesamtmetallchef Martin Kannegießer gekontert, dass "die Metaller nicht alle Tassen im Schrank" hätten. Bekanntlich hat Kannegießer die Forderung nach 8 Prozent angesichts der Börsen- und Finanzkrise als "irrwitzig" bezeichnet. Damit macht er sich vom Täter zum Opfer. Weiter heißt es dann im Flugblatt:


Kein Verzicht für die Spekulanten

Die internationale kapitalistische Spekulations- und Finanzkrise beruht darauf, dass der Ausbeutungsgrad der Arbeiter in den Betrieben und die Ausplünderung der Massen über den Staat in den letzten Jahren massiv gestiegen ist. Der Reichtum für Spekulanten, Manager und Aktionäre explodierte, so dass der Anteil des spekulativen Kapitals, mit dem an der Börse gezockt wird, gewaltig anstieg. Die Arbeiter und ihre Familien bezahlten die Zeche mit Steuererhöhungen, wachsender Massenarbeitslosigkeit, Preissteigerungen und jahrelanger Lohndrückerei, mit einem gesunkenen Lebensstandard bis hin zu Massenarmut.

Die kapitalistische Logik scheitert
Jahrelang wurden von allen Autobauern gewaltige Kapazitäten mit neuen Werken in Osteuropa, China und Indien aufgebaut. Doch die Logik, dass der Markt immer weiter wächst und jeder Autobauer den Markt beherrscht und seinen Konkurrenten aussticht, ist gescheitert.
Nun wundert sich die Autoindustrie, dass sich immer weniger Menschen einen Neuwagen leisten bzw. die dafür fälligen Kredite bezahlen können. Das ist aber nur die logische Folge der jahrelangen Lohndrückerei. Im Unterschied zu den Banken werden nun mal die Kredite der kleinen Leute vom Staat nicht ersetzt.

Die Folgen der Absatzrückgänge sollen die Konzerne tragen
Heuern und Feuern - je nach Auftragslage, das soll mit der Angst um die Arbeitsplätze weiter vorangetrieben werden. Die Flexibilisierung wird mit dem Ausbau von Arbeitszeitkonten auf die Spitze getrieben - die Arbeiter sollen zu Hause bleiben oder an den Wochenenden knüppeln, je nachdem wie es den Chefs gerade passt. Statt die Bänder endlich langsamer zu stellen, werden die Arbeiter zwangsweise nach Hause geschickt. Die Leiharbeiter und die befristet beschäftigten Kolleginnen und Kollegen werden als erstes entlassen.
Die Produktionsstillstände werden über Minusstunden und Kurzarbeit auf die Arbeiter wie auch den Steuerzahler abgewälzt. Die Autokonzerne sind dagegen fein heraus. All das wird den Widerspruch im Kapitalismus zwischen der gewaltig steigenden Produktivität und dem sich verengenden Markt weiter entfalten. Über kurz oder lang wird das in eine Weltwirtschaftskrise münden.
 
Ohne Rücksicht auf die Kapitalisten in die Offensive gehen
Die Arbeiter brauchen angesichts ihrer Finanzkrise in der Geldbörse die 8 Prozent mehr Lohn. Das Jammern von Gesamtmetall ist unerträglich. Der Lohnanteil am Umsatz der Metall- und Elektroindustrie machte 2007 nach Angaben des Statistischen Bundesamts gerade mal 16 Prozent von 945 Milliarden Euro aus. Die Durchsetzung einer Lohnerhöhung von 8 Prozent entspricht mit knapp 4,8 Milliarden Euro daher noch nicht einmal 2 Prozent des jährlichen Umsatzes in der Metallindustrie. Was Kannegießer als Untergang des Abendlandes an die Wand malt, ist in Wahrheit weniger pro Jahr als ein Zehntel von dem, was der Bank Real Estate von der Bundesregierung über Nacht an Steuergelder zugeschossen wurde.  
Notwendig ist, den Kampf für die volle Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderung von 8 Prozent Lohn mit einer Laufzeit von 12 Monaten zu führen. Fällig ist darüber hinaus ein Lohnnachschlag für das laufende Jahr, weil die Preise viel höher gestiegen sind als beim letzten Tarifabschluss erwartet.
In Verbindung damit ist die Aufnahme des Kampfs um die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich notwendig. Es ist die richtige Antwort auf Marktrückgänge, Arbeitshetze und im Kampf gegen Entlassungen.
Statt Kurzarbeitergeld und Minusstunden auf dem Flexikonto - volle 100-prozentige Bezahlung der Ausfallzeiten durch den Unternehmer.  
Für die Übernahme aller Leiharbeiter und der befristet Beschäftigten in feste Arbeitsverträge beim Entleiherbetrieb.

Die Defensive der Herrschenden nutzen
"Verpufft ein Kampf der Metaller angesichts angeordneter Produktionsstillstände nicht wirkungslos?" - das wird heiß diskutiert. Tatsächlich können die Unternehmer die Wirkung kleinerer befristeter Streiks bei sinkender Auftragslage leichter abfangen. Das ist jedoch nur ein Argument mehr, nicht lange zu fackeln und mit einem flächendeckenden gewerkschaftlichen Vollstreik in die Offensive zu gehen. Auch in Krisenzeiten müssen die Unternehmer ihren Lieferverpflichtungen nachkommen und stehen in einem harten Konkurrenzkampf - diese Anfälligkeit muss und kann die Arbeiterklasse nutzen.
Dazu fürchten die Herrschenden einen offensiv geführten Streik der Metaller aus politischen Gründen. Dieser kann für Hunderttausende in Deutschland ein Zeichen setzen, den Kampf gegen die ganze Politik der Spekulanten und die Regierung aufzunehmen. Es wird Zeit, dass der gesellschaftliche Reichtum nicht in der Handvoll weniger bleibt! Der Gedanke nach einer Zukunft, in der die Arbeiterklasse die Macht hat, greift weiter um sich.

Umso unverständlicher und kontraproduktiv ist es, wenn von Einigen aus der IGM-Führung schon erste Zugeständnisse an Gesamtmetall signalisiert werden, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat. Notwendig ist, die Urabstimmung einzuleiten und die gewerkschaftliche Kampfkraft bundesweit voll einzusetzen.  
Im Kampf können die Metaller ihre Kraft erkennen. Lassen wir uns nicht gegenüber unseren Kollegen in anderen Ländern aufhetzen. In Griechenland und Italien kämpften in den letzten Wochen Hunderttausende gegen die Regierungspolitik, gegen Privatisierungen und für höhere Löhne, in Belgien um vorgezogene Lohnerhöhungen. Gemeinsam über Ländergrenzen hinweg bilden die Arbeiter eine unüberwindliche Macht.



Das ganze Flugblatt kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden.

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