16.08.05: Erfolgreiche Wahlzulassung der MLPD

Interview mit dem Vorsitzenden der MLPD, Stefan Engel, vom 16.08.2005

Rote Fahne: Heute fanden die Landes- und Kreiswahlausschüsse zur Wahlzulassung der Kandidaten und Listen für die Bundestagswahlen am 18. September statt. Was ist dabei herausgekommen?

Stefan Engel: Die MLPD ist die einzige Partei außer den Bundestagsparteien, die in allen Bundesländern zur Bundestagswahl zugelassen ist. Das ist ein riesengroßer Erfolg, der die ganze Kraft der MLPD und auch ihre Überzeugungskraft unterstreicht. Das ist ein wichtiger Ausgangspunkt für die zweite Phase unserer Offensive für den echten Sozialismus, dem eigentlichen Wahlkampf.

Rote Fahne: Wurde die NPD nicht auch bundesweit zugelassen, da sie als Mitglied des Landtags in Sachsen keine Unterschriften sammeln musste?

Stefan Engel: Die NPD wurde in Baden-Württemberg aufgrund von Formfehlern nicht zugelassen. Offensichtlich hatte sie eine undemokratische Methode der Wahlzulassung, die vom Landeswahlleiter abgelehnt wurde. Unsere Vertreter haben in den Wahlausschuss-Sitzungen überall gegen die Wahlzulassung der Faschisten protestiert.

Rote Fahne: Was war das Geheimnis dieses Erfolgs der MLPD bei der Wahlzulassung?

Stefan Engel: Wir haben in der Partei eine feste Vereinheitlichung über die Aufgabenstellung, der Offensive für den echten Sozialismus und unserer Wahlbeteiligung. In den letzten 10 Wochen fanden ca. 400.000 Gespräche in ganz Deutschland statt, bei denen wir insgesamt 45.000 Unterschriften gesammelt haben. In 115 Städten gibt es Wählerinitiativen mit einer Gesamtzahl von bisher 3.000 Mitgliedern. Ca. 140.000 Euro Spenden wurden bisher gesammelt. Das alles zeigt eine hervorragende Initiative, auf die unsere Partei stolz sein kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Medien eine solche Tatsache einfach unter den Tisch kehren können, ohne sich lächerlich zu machen.

Rote Fahne: Zum Teil hat der Wahlkampf mit der zweiten Phase der Offensive für den echten Sozialismus schon begonnen.

Stefan Engel: Das stimmt. Wir haben bereits in den meisten Städten und Regionen vor ein bis zwei Wochen die meisten unserer 50.000 Wahlplakate in allen Bundesländern aufhängen können. Teilweise wird das noch gemacht, insbesondere in den Städten, in denen die MLPD bisher noch nicht arbeitet. Wir haben eine zentrale Wahlzeitung in einer Auflage von 1,8 Millionen bundesweit herausgegeben. In den nächsten Wochen werden 150 Kundgebungen und weit über 1.000 Informationsstände, Open-Air-Diskussionen, Straßenfeste, Wahlfeten, Weinfeste und Jugendfeten in ganz Deutschland stattfinden.

Rote Fahne: Was ändert sich jetzt in der Parteiarbeit?

Stefan Engel: Bisher stand der Kampf um die Wahlzulassung, sprich vor allem die Unterschriftensammlung in Verbindung mit der Gewinnung von Wahlhelfern im Mittelpunkt. Jetzt muss die Partei ihre ganze Überzeugungsarbeit ausspielen und massenhaft Wähler für die sozialistische Alternative gewinnen, dabei aber weiter Wahlhelfer organisieren. Die Überzeugungsarbeit für die Wahl der MLPD gestaltet sich zum Teil schwieriger als die Unterschriftensammlung für die Wahlzulassung, da nicht jeder, der die Wahlzulassung unterschrieben hat, unbedingt die MLPD wählen wird. Hier werden wir auf eine ganze Reihe parlamentarischer Gepflogenheiten im Denken, Fühlen und Handeln der Massen stoßen, die scheinbar dagegen sprechen, uns die Stimme zu geben. Diese Barrieren können wir nur durch geduldige Überzeugungsarbeit überwinden. Das ist jetzt das wichtigste.

Auf der anderen Seite erreichen wir natürlich mit unserem Wahlkampf gegenüber früheren Wahlkämpfen einen viel größeren Kreis von Menschen. Es werden Millionen sein, die sich mit dem Wahlkampfmaterial der MLPD konfrontiert sehen. Wir haben zu allen wesentlichen Fragen wie Arbeitslosigkeit, Steuerpolitik, Kampf um den Erhalt der Sozialversicherungen, Umweltschutz, Krieg und Frieden, demokratische Rechte und Freiheiten, antifaschistischer Kampf Reformforderungen aufgestellt, die auch zweckmäßig und im Rahmen des Kapitalismus durchführbar sind, und für die es sich lohnt, die Menschen zusammen zu schließen. Gleichzeitig sagen wir den Leuten aber auch, dass die massive Verschlechterung der sozialen Lage der breiten Masse der Bevölkerung, die Massenarbeitslosigkeit, die Umweltzerstörung ihren Ursprung in der kapitalistischen Produktionsweise haben. Deshalb ist die Kapitalismuskritik das Wesen unserer Wahlkampagne. Im Unterschied zu Müntefering werden wir das in aller Konsequenz tun, wie das unsere Lehrmeister Karl Marx und Lenin getan haben. Wir sind eben das Original in der Kapitalismuskritik!

Rote Fahne: Was verspricht sich die MLPD von dem Wahlergebnis?

Stefan Engel: Das allerwichtigste ist für uns, den Wahlkampf zu nutzen, um die Partei systematisch aufzubauen und einen Beitrag zur Durchbrechung ihrer relativen Isolierung zu leisten. Die bürgerlichen Wahlen sind selbst eine massive Manipulation der öffentlichen Meinung mit ihrer sogenannten abgestuften Chancengleichheit, nach der die kleinen Parteien systematisch aus den Medien gedrängt und unter "Sonstiges" zusammen gefasst werden. Mit der 5-Prozent-Klausel soll der Eindruck erweckt werden, es habe ohnehin keinen Zweck, diese Parteien zu wählen, das wäre eine verlorene Stimme. Mit all diesen Argumenten müssen wir uns systematisch auseinander setzen und sagen, dass jede Stimme verloren ist, die den bisherigen Weg der bürgerlichen Parteien so weiter macht und nicht auf eine gesellschaftsverändernde Kraft setzt. Die einzige gesellschaftsverändernde Kraft in Deutschland ist die MLPD. Die Wahlen können nie mehr sein als ein Gradmesser des Bewusstseins der Massen. Selbst das gilt heute nur noch eingeschränkt, da über die Medien eine umfassende Manipulation stattfindet. Deshalb halte ich es für schlicht unmöglich, eine konkrete Vorhersage zu machen.

Rote Fahne: Gegenwärtig gibt es in den Meinungsumfragen eindeutig einen Linkstrend. Geht der nicht in erster Linie zugunsten der "Linkpartei" und hat es die MLPD schwer, dagegen anzugehen?

Stefan Engel: Natürlich wird die "Linkspartei" systematisch in den Medien hochgespielt, weil die Herrschenden erkannt haben, dass die "Linkspartei" objektiv die Rolle spielt, den Protest im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft zu halten. Wir dagegen vertreten, dass es notwendig ist, den Kapitalismus durch eine sozialistische Gesellschaft abzulösen. Deshalb versucht man uns möglichst aus den Medien verschwinden zu lassen. Das wird mit sehr eigenartigen Methoden betrieben, die wir auch systematisch entlarven müssen. Auch haben wir viel weniger Spielraum als andere Parteien, dürfen nur einen Bruchteil der Plakate aufhängen und bekommen auch nur ein oder zwei Wahlspots im Fernsehen. Wir haben auch nicht die finanziellen Mittel wie die anderen Parteien, da auch die Wahlkampffinanzierung für Parteien, die unter 250.000 Stimmen haben, nicht stattfindet. Es ist uns ein sehr großes Anliegen, dass wir einen Achtungserfolg bei den Wahlen erzielen. Jede Stimme für die MLPD stärkt unsere Bewegung für den echten Sozialismus, die Kampfkraft der Arbeiter in den Betrieben und der Volksbewegung gegen den Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten, gegen den Abbau sozialer Errungenschaften und gegen die Umweltzerstörung.

Rote Fahne: Was ist das wichtigste Argument in diesem Wahlkampf?

Stefan Engel: Das wichtigste Argument ist, dass die Massen selbst aktiv werden müssen und dass sich in dieser Gesellschaft nichts ändert, ohne dass die breiten Massen ihre Interessen im Kampf gegen die Herrschenden durchsetzen. So kommt es auch nicht entscheidend darauf an, wie viel Prozentpunkte eine Partei im Parlament hat, sondern ob sie willens und in der Lage ist, einen solchen Kampf der Massen gegen die herrschenden Verhältnisse zu organisieren. Darin unterscheidet sich die MLPD maßgeblich von der "Linkspartei", weil sie tatsächlich eine Partei ist, die sowohl das Know-how als auch die Fähigkeit hat, solche Massenkämpfe zu organisieren und auch konsequent zu führen. Ich erinnere hier an die vielen selbständigen Streiks und Demonstrationen der letzten Jahre, an deren Auslösung und Führung die MLPD maßgeblich beteiligt war. Ich erinnere auch an die positive Rolle der MLPD bei der Organisierung der bundesweiten Montagsdemonstrations-Bewegung. Jeder praktische Kampf ist wichtiger als eine Wahl. Zugleich ist es aber notwendig, die Wahlen zu nutzen, um unsere Interessen und Forderungen einem möglichst großen Kreis von Menschen nahe zu bringen. Deshalb sind die Wahlen wichtig und deshalb erhöht auch jede Stimme das Gewicht der MLPD in dieser so wichtigen Klassenauseinandersetzung, in der es um die ganze Zukunft der Menschheit geht.

Rote Fahne: Auf was kommt es jetzt am meisten an?

Stefan Engel: Unsere Organisation hat in einer sehr großen Initiative ihre Kräfte stark konzentrieren müssen und auch in den nächsten vier Wochen werden wir jede Kraft brauchen, um unseren Wahlkampf zu führen. Wir müssen uns strikt auf den Wahlkampf konzentrieren. Zum anderen ist es wichtig, den Wahlkampf richtig zu organisieren. Wir müssen den Leuten helfen, die Briefwahl zu machen, die sonst gar nicht zur Wahl gehen. Vor allem aber kommt es darauf an, systematische Überzeugungsarbeit zu leisten. Unser Feld ist der Straßenwahlkampf und da macht uns so schnell keine Partei etwas vor - selbst die großen Parteien nicht. Am wichtigsten ist es, dass die Partei im Wahlkampf den Parteiaufbau beschleunigt und erweitert. So haben wir allein in Nordrhein-Westfalen die Zahl der Städte mit über 20.000 Einwohnern, in denen die Partei arbeitet, von 53 auf 99 ausgeweitet. Viele neue Mitglieder und Kandidaten, neue Freunde und Verbündete werden uns helfen. Ich freue mich auf einen großartigen Wahlkampf, der jetzt schon seine ersten positiven Früchte trägt. Und ich würde mich natürlich auch freuen, wenn wir einen Achtungserfolg erzielen würden. Das wäre nach der bundesweiten Kandidatur ein weiteres Signal: die MLPD ist im Kommen!

Rote Fahne: Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

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