Redebeitrag von Peter Weispfenning auf der Kundgebung am 5. November 2005 in Berlin

vom 07.11.2005

07.11.05 - Wir dokumentieren im Folgenden den Redebeitrag von Peter Weispfenning, Mitglied des Zentralkomitees der MLPD, auf der Kundgebung am 5.11. in Berlin:


Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Peter Weispfenning

Eigentlich hatten wir ja vor, heute gegen eine neue Regierung zu demonstrieren. Es gibt aber 1,5 Monate nach den Neuwahlen keine Regierung, sondern ein Affentheater, das seinesgleichen sucht. Dabei erfährt man auch so manches über das Spitzenpersonal der Berliner Parteien.

Über Müntefering wird berichtet, dass er seine Entscheidungen als SPD-Parteivorsitzender nur mit einer Person besprochen hat: mit sich selbst. Im Vergleich zu Müntefering wären die berüchtigten Führungsmethoden eines Herbert Wehner geradezu "antiautoritär" gewesen.

Stoiber wollte schnell zurück nach Bayern fliehen - doch auch dort will ihn keiner mehr haben. Er floh nach Rom, wo sogar Pilger gegen ihn protestierten. Nur der bayerische Papst Ratzinger in Rom soll in einer Privataudienz "Verständnis" für Stoiber gehabt haben - aber erst nachdem dieser um göttliche "Gnade" ersucht hatte.

Als neuer SPD-Parteichef wurde Platzeck auserkoren. Was qualifiziert ihn eigentlich dafür? Nach den Berichten, die ich heute morgen in der Zeitung las, v.a. dass er "die Arbeit nicht erfunden" habe. Das sollen unsere "Volksvertreter" sein?

Diese machtgeilen, inkompetenten und volksfeindlichen Monopolpolitiker sind eine einzige Zumutung. Schluss mit dem Chaos in Berlin! Neue Politiker braucht das Land - so wie die 25.000 1 heute in Berlin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eigentlich sollte heute für die MLPD Stefan Engel, ihr Vorsitzender, sprechen. Er ist aber derzeit auf einer äußerst aufschlussreichen Reise durch Lateinamerika. Von dort berichtet er von zukunftsweisenden und Mut machenden Entwicklungen, die auch für uns hier besonders wichtig sind: So gibt es seit Mai eine Streikwelle in Argentinien, die große Erfolge zu verzeichnen hat. Mindestlöhne wurden erkämpft, die U-Bahner haben sogar den 6-Stundentag erstreikt! Und da sagt man in Deutschland immer, die 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich sei illusionär...

Die Kämpfe werden immer gemeinsam von den Arbeitern in den Betrieben und den Arbeitslosen geführt. Die Arbeiter streiken und besetzen die Betriebe - die Arbeitslosen blockieren die umliegenden Straßen. In Bolivien besuchte Stefan Engel den euch vielleicht aus dem Fernsehen bekannten Präsidentschaftskandidaten Quispe, der beim Volksaufstand im Oktober 2003 die Indios in einem gewaltigen Marsch durch die Anden nach La Paz geführt hatte. Sprichwörtliche Sprengkraft erlangte der Kampf, als die Minenarbeiter mit ihrem Dynamit hinzustießen. "Mit viel Disziplin und ein bisschen Dynamit" - wie es in der Presse hieß - haben sie die Regierung verjagt.

Stefan Engel berichtet von einer brodelnden, revolutionären Stimmung im Land. Nicht zu vergessen von einem überwältigenden Interesse seiner Gesprächspartner an der Situation in Deutschland und besonders an den Kämpfen der Arbeiter in den multinationalen Konzernen wie DaimlerChrysler, General Motors usw.

Das sind ermutigende Signale auch für uns in Deutschland. Überall auf der Welt wird beobachtet, was in Deutschland passiert. Deshalb hat unser Sternmarsch auch eine wichtige internationale Ausstrahlung. Hoch die internationale Solidarität!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Noch vor einem Jahr gab es hier in Berlin zwei getrennte Demonstrationen am 2. und 3. Oktober. Unser gemeinsamer Sternmarsch zeigt, dass wir in der Einheit der Montagsdemonstrationsbewegung seitdem ein gutes Stück vorangekommen sind.
Allerdings konnten wir so manche Kräfte auch noch nicht überzeugen, sich hier wirklich aktiv zu beteiligen. Wenn man sieht, was die Monopole von der künftigen Regierung fordern, dann ist klar, dass dagegen ein breiter und entschlossener Kampf notwendig ist. Deshalb: Lasst uns Gräben überwinden und Brücken bauen. Natürlich: es gibt Trennendes, Konflikte, unterschiedliche Ansichten und Biographien usw. Na und? Lasst uns darüber streiten - engagiert, auf gleicher Augenhöhe und nach vorne gerichtet!

Lasst uns diskutieren, wie eine gesellschaftliche Alternative ohne Ausbeutung und Unterdrückung aussehen kann. Lasst uns Erfahrungen austauschen und kritisch diskutieren, wie wir gesellschaftliche, parlamentarische oder betriebliche Funktionen wahrnehmen lernen, ohne uns den angeblichen Sachzwängen unkritisch unterzuordnen und uns in die regierungsamtliche Politik einbinden zu lassen.

Kurz: Lasst uns produktiv streiten und dabei immer enger zusammenrücken. Gemeinsam sind wir stark!

Die MLPD freut sich auf unsere gemeinsame weitere Zusammenarbeit und darauf, den Herrschenden gemeinsam die Hölle heißt zu machen.

Uns allen viel Erfolg, Mut, Ausdauer und Spaß dabei!


1) Die Zahl von 25.000 Teilnehmern war zuvor von den Veranstaltern bekannt gegeben worden. Eine genauere Zählung ergab schließlich 15.000 Protestierer.

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