Beitrag der MLPD zum Buchprojekt zur Kulturrevolution

März 2006

I.1. Eine kurze Einleitung über Deutschland und zur Geschichte seiner Arbeiter- und Volkskämpfe

Deutschland ist ein führendes imperialistisches Land auf der Entwicklungsstufe des staatsmonopolitischen Kapitalismus und ökonomisch stärkstes Land in der Europäischen Union. Mit über 82 Millionen Einwohnern hat es auch die größte Bevölkerung in der EU. 35 Millionen Menschen sind Erwerbstätige, davon 85 Prozent abhängig beschäftigt. 45 Prozent der Erwerbstätigen sind Frauen; Frauenerwerbsquote liegt bei 66 Prozent. Ende 2005 waren 6,8 Millionen abhängig Beschäftigte in DGB-Gewerkschaften organisiert.

Die marxistisch-leninistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit der MLPD unter den rund 6 Millionen Arbeitern und Angestellten der industriellen Großbetriebe ist die Hauptkampflinie der MLPD. Darauf konzentriert sie 50 Prozent ihrer Kräfte.

Wir haben das strategische Ziel in der ersten Etappe des Klassenkampfs, der Etappe der relativen Ruhe bzw. der nichtrevolutionären Situation, die klassenbewussten Arbeiter der 500 größten Industriebetriebe für den Sozialismus zu gewinnen, in denen heute bis zu drei Millionen Industriearbeiter beschäftigt sind.

Wir verbinden unsere Strategie zur Gewinnung der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse für den echten Sozialismus mit der Einbeziehung der breiten Massen in den Kampf gegen die Monopole und Regierung. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf die marxistisch-leninistische Frauenarbeit unter der Masse der Frauen. Die kämpferische Frauenbewegung stellt eine strategische Verbindung zwischen der Arbeiterbewegung und der Bewegung der kleinbürgerlichen Schichten dar. In der Jugendarbeit organisieren wir mit dem Jugendverband der MLPD, dem Rebell, die Rebellion der Jugend. Er ist heute der größte Jugendverband links von dem der SPD.

Die MLPD kann nach über 37 Jahren systematischer Aufbauarbeit und einer kontinuierlichen Vorwärtsentwicklung im marxistisch-leninistischen Parteiaufbau heute auf ihre höchste Mitgliederzahl und den größten Masseneinfluss zurückblicken. Sie ist inzwischen in zirka 500 Städten und Regionen in allen Bundesländern Deutschlands, in Ost und West vertreten und verwirklicht auch in über 20 Prozent der größten Industriebetriebe eine systematische Kleinarbeit und ist in zirka 50 Prozent dieser Betriebe direkt organisatorisch präsent. Dennoch ist unsere Arbeit auf etwa 5 Millionen bis 10 Millionen Menschen in Deutschland beschränkt. Das heißt, dass die MLPD auch eine Partei ist, die in erster Linie noch die Partei aufbauen und Partei der Massen werden muss.

Deutschland hat eine lange und traditionsreiche Geschichte der Arbeiter- und Volkskämpfe. In der frühbürgerlichen Revolution im 16. Jahrhundert erhoben sich die Bauernmassen unter Führung von Thomas Müntzer gegen die feudalistische Ausbeutung und Unterdrückung. Sie wurden blutig niedergeschlagen. Noch in ihrer Niederlage prophezeiten sie erhobenen Hauptes, „Die Enkel fechten’s besser aus...".

Als es 1848 in ganz Europa zu einer Welle bürgerlich-demokratischer Revolutionen kam, spielten in Deutschland die Arbeiter und Handwerker eine herausragende Rolle. Streiks, Barrikadenkämpfe und bewaffnete Revolten wurden vor allem von ihnen getragen. Doch die deutsche Bourgeoisie verspielte aus Angst vor der kämpfenden Arbeiterklasse ihren Sieg über die feudale Herrschaft. Sie schloss statt dessen ein Bündnis mit den feudalen Junkern, das den Nährboden für den besonders reaktionären und aggressiven deutschen Imperialismus bis 1945 bildete, aus dem auch der Hitlerfaschismus hervorging. Mit der Zerschlagung des Hitlerfaschismus wurden auch die feudalen Überreste Deutschlands zerschlagen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten die beiden Deutschen Karl Marx und Friedrich Engels den wissenschaftlichen Sozialismus. Ihre Hauptwerke wie "Das Kapital" und das "Kommunistische Manifest" werden auch heute in Deutschland von fortschrittlichen Arbeitern und Jugendlichen studiert und beginnen, vor dem Hintergrund der latenten politischen Krise, eine Renaissance zu erleben.

Als Deutschland 1914 den I. Weltkrieg anzettelte, wurde deutlich, dass sich die ehemals revolutionäre Sozialdemokratie von einer revolutionären in eine opportunistische Partei umgewandelt hatte. Es waren Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die als erste diesen Verrat geißelten. Angezogen vom Signal der russischen Oktoberrevolution waren es die Arbeiter und Soldaten, die 1918 mit der Novemberrevolution auch in Deutschland den Krieg beendeten. Die deutsche Geschichte stand an einem Scheideweg. Ein Sieg der revolutionären Arbeiter und Soldaten hätte den Weg für ein sozialistisches Deutschland, für ein Bündnis mit der Sowjetunion und möglicherweise einen Flächenbrand der Weltrevolution geebnet. Die Arbeiterbewegung war aber noch nicht stark genug, um nicht nur den Kaiser und die Fürsten zu vertreiben, sondern die gesamte Monopolherrschaft zu stürzen. Erst im Dezember 1918 wurde der organisatorische Bruch von der Sozialdemokratie mit der Gründung der revolutionären KPD vollzogen. Das Fehlen der revolutionären Arbeiterpartei war die Hauptursache für die schmerzliche Niederlage des revolutionären deutschen Proletariats in der Novemberrevolution.

Unter Führung der KPD revolutionierten sich Anfang der 30er Jahre die Massen. Als Reaktion darauf wechselten die Monopole ihre soziale Hauptstütze und errichteten 1933 mit Hilfe einer die Begriffe des Sozialismus ausnutzenden Demagogie eine faschistische Diktatur. Infolge der Spaltung der Arbeiterklasse konnte die Errichtung der faschistischen Diktatur nicht verhindert werden. Diese Spaltung war hauptsächlich durch die reformistischen Sozialdemokratie zu verantworten, wurde jedoch auch durch sektiererische Fehler der KPD und der Komintern begünstigt. Von dieser zweiten historischen Niederlage im 20. Jahrhundert hat sich das deutsche Proletariat auf Jahrzehnte hinaus nicht wieder erholen können.

Am Ende des II. Weltkriegs hatte die Anti-Hitlerkoalition die faschistische Diktatur der Monopole zerschlagen. Das wesentlich auf Vorschlägen der Sowjetunion beruhende, zwischen den Siegermächten UdSSR, USA und Großbritannien ausgehandelte Potsdamer Abkommen sah die Entmachtung des deutschen Imperialismus bei Wahrung der deutschen Nation vor. Arbeiter bauten die Betriebe wieder auf, oft gegen den Willen der westlichen Militärbehörden. Doch sehr bald verhalfen die westlichen Besatzungsmächte infolge der Änderung der US-Deutschlandpolitik den deutschen Monopolkapitalisten wieder zur Macht. Mit der Gründung der Bundesrepublik am 23. Mai 1949 spalteten sie Deutschland und trieben den Aufstieg des neudeutschen Imperialismus voran. Dieser bildete fortan die Speerspitze des imperialistischen Weltsystems gegen die damals noch sozialistische Sowjetunion und gegen den sozialistischen Aufbau in den osteuropäischen Ländern und in der DDR.

Nur in der sowjetischen Besatzungszone wurde das Potsdamer Abkommen umgesetzt. Auf der Grundlage der Entnazifizierung, der Enteignung der Betriebe von Kriegs- und Naziverbrechern, sowie von Großgrundbesitzern, wurde eine antifaschistisch-demokratische Ordnung als konkrete Form der Diktatur des Proletariats errichtet. Als Antwort auf die Spaltung Deutschlands durch die Westmächte wurde am 7. Oktober 1949 die DDR gegründet. Aus der Initiative der Massen und mit Unterstützung der Sowjetunion entwickelte sich in den folgenden Jahren der hoffnungsvolle Übergang zu einer Volksdemokratie, zur ersten sozialistischen Gesellschaft auf deutschem Boden.

In Gefolge der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion nach dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 verwandelte sich auch die DDR in eine bürokratisch-kapitalistische Gesellschaft. Der Bau der Berliner Mauer 1961 war eine Bankrotterklärung des bürokratisch-kapitalistischen Systems der DDR und spiegelte zugleich die verschärfte Rivalität der Supermächte wider. In der revisionistischen DDR waren die marxistisch-leninistischen Kräfte und Partei verboten und wurden brutal verfolgt. Die Schriften Mao Tsetungs und Stalins landeten in den Panzerschränken der Bürokraten. Der Neuaufbau der marxistisch-leninistischen Partei ab Ende der 1960er Jahre konnte aufgrund dieser komplizierten Bedingungen zunächst nur in Westdeutschland beginnen.

Immer mehr geriet die DDR, insbesondere in den 80er Jahren, in einen tiefen technologischen und wirtschaftlichen Rückfall gegenüber dem Westen, was in immer heftigeren Widerspruch zur Aufrechterhaltung der sozialen Errungenschaften geriet. Auf dieser Grundlage und in Folge einer ausgeprägten bürokratischen Bevormundung, pseudosozialistischer Phrasendrescherei und politischer Unterdrückung entstand eine tiefe Enttäuschung unter den Massen und entwickelte sich 1989 eine breite demokratische Volksbewegung. Sie erreichte im Herbst 1989 mit den Massendemonstrationen ihren Höhepunkt und zwang das Honnecker-Regime zum Abdanken. Am 9. November fiel mit der Berliner Mauer das Symbol des geteilten Deutschlands. Die Wiedervereinigung war Ergebnis der demokratischen Volksbewegung der DDR und des tiefen Wunsches des ganzen deutschen Volkes nach Überwindung der Spaltung der Nation. So konnte die nationale Frage in Deutschland auf friedliche Weise gelöst werden. Da die Wiedervereinigung allerdings nicht unter sozialistischen Vorzeichen stattfand, wurde es möglich, die DDR der politischen und wirtschaftlichen Macht des westdeutschen Monopolkapitals einzuverleiben. Es bestand nun die Aufgabe und die Möglichkeit, den Aufbau der MLPD in ganz Deutschland voran zu treiben und die widernatürliche Spaltung der Arbeiterklasse zu überwinden.

Die relative Stabilisierung des Kapitalismus in der BRD führte zu einer lang andauernden Etappe des Klassenkampfs ohne revolutionäre Situation. Seit den 80er Jahren kam es allerdings zu einer Wende in der Entwicklung des Klassenbewusstseins. 1996 erwachte das Klassenbewusstsein auf breiter Front, die Kämpfe der Arbeiterklasse um wirtschaftliche Forderungen nahmen zunehmend selbständigen Charakter an und verbanden sich mit politischen Forderungen. Es kommt zum Übergang von Einzelkämpfen zu Massenkämpfen. Ein wachsender Teil der Massen, insbesondere unter der Jugend, sucht nach einer gesellschaftlichen Alternative. Der Trend in Deutschland geht eindeutig in der Arbeiterbewegung in Richtung Arbeiteroffensive, die eine besondere Form der strategischen Gegenoffensive der Arbeiterklasse darstellt, die den Übergang von der strategischen Defensive zur strategischen Offensive im Klassenkampf entscheidend vorantreibt.

Am 1.11.2003 gelang es, gegen den Willen der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie, gegen den Willen der „Globalisierungskritiker" Attac und auch der revisionistischen PDS („Partei des demokratischen Sozialismus", Nachfolgepartei der SED) eine selbständige organisierte Massendemonstration gegen die Regierung mit über 100.000 Teilnehmern in Berlin zu organisieren. Es war die größte selbständig organisierte Massendemonstration seit dem II. Weltkrieg und stand unter maßgeblichen Einfluss der MLPD. In dieser Situation entwickelte sich auch die Metalltarifrunde 2004 zunehmend zu einer Machtprobe zwischen der Arbeiterklasse auf der einen und der Regierung und den Monopolen auf der anderen Seite. Provokativ hatten dort die Unternehmerverbände eine unbezahlte Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden und Reallohnabbau gefordert. Aufgrund der Aktivitäten in den Kämpfen mit 500.000 Beteiligten machten Gesamtmetall und die IG Metallführung einen Rückzieher, um die Situation zu entschärfen. Als führende internationale Konzerne im Sommer und im Herbst in Deutschland versuchten, die Tarifergebnisse nachträglich zu revidieren und von den Belegschaften Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und weitere Zugeständnisse zu erpressen, kam es zu einer Serie konzernweiter Kämpfe, unter anderem bei Bosch, Siemens und DaimlerChrysler. Im Oktober 2004 traten die 7.600 Opelarbeiter in Bochum in einen siebentägigen selbständigen Streik, verbunden mit Betriebsblockade und Besetzung des Betriebes. An seinem Höhepunkt am 19. Oktober 2004 fand der internationale Aktionstag der GM-Arbeiter mit hunderttausend Beteiligten an Demonstrationen, Streiks in Betrieben in Belgien, Brasilien, Deutschland, England, Polen, Österreich, Portugal, Spanien und anderen Ländern statt. Dieser Kampftag bedeutete die Einleitung der Arbeiteroffensive, was eine neue Qualität der Klassenauseinandersetzungen nach sich zog. Die Opelaner durchkreuzten das Ziel des General Motors Vorstands, das Bochumer Werk zu schließen. Von der reformistischen IG Metallführung und rechten Betriebsräten wurde der Streik durch Manipulation beendet, und in den folgenden Jahren wurden mehrere Tausend Arbeitsplätze unter Vermeidung von Massenentlassungen abgebaut. Der Kampf setzte ein Signal in ganz Deutschlands und seitdem geht die Losung um: „Kämpfen wie bei Opel". Der Streik war ohne die organisierende Tätigkeit der MLPD –Betriebsgruppe in dieser Art undenkbar.

Insbesondere unter den Arbeitern lösen sich zunehmend die Bindungen an die Sozialdemokratie. Es kam zu einem regelrechten Erosionsprozess der Massenbasis der Diktatur der Monopole, die sich in zunehmender Wahlenthaltung und Wahlboykott bei Parlamentswahlen niederschlug. Im Frühjahr 2006 kam es zu einem Aufschwung von gewerkschaftlichen und selbständigen Kämpfen. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst führten den längsten Arbeitskampf seit Bestehen der Bundesrepublik gegen provokative Forderungen, die Arbeitszeit unbezahlt auf 40 Stunden zu verlängern, durch. Nachdem es den öffentlichen Arbeitgebern nicht gelang die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes – verdi – zur Kapitulation zu zwingen, wurde zunehmend dazu übergegangen, mit Disziplinarmaßnahmen und teilweise sogar Polizeieinsatz gegen die Streikenden vorzugehen. Die MLPD nahm darauf aktiv Einfluss mit ihren Genossinnen und Genossen in den öffentlichen Einrichtungen, einer Flugschrift-Serie „Tarifstreik-Aktuell", und orientierte darauf, nun politisch in die Offensive zu gehen, statt die Streiks durch faule Kompromisse zu beenden.

Zugleich geraten die Zwischenschichten in Deutschland zunehmend in Bewegung. In den Jahren 2003 bis 2005 gingen etwa 6,6 Millionen Menschen auf die Straße. Die neue Volksbewegung bezieht sich zum Teil ausdrücklich auf die Arbeiterbewegung und orientiert sich an ihr. Das gilt auch für eine deutlich belebte und politisierte Studenten- und Schülerbewegung. Aktiv in Deutschland ist auch die Friedens- und antifaschistische Bewegung. In der Umweltbewegung bahnt sich in Verbindung mit der Verarbeitung des Verrats der ehemaligen Umweltpartei Die Grünen ein neuer Aufbruch an.

Zugleich verschlechtert sich die Lebenslage der breiten Massen in Deutschland drastisch. Während es bis Mitte der 70er Jahre zu einer ständigen Hebung des Lebensstandards kam, entstand seit Mitte der 70er Jahre in Folge der internationalen Strukturkrise eine wachsende Massenarbeitslosigkeit als Dauererscheinung in Deutschland. Das hat sich im neuen Jahrtausend erheblich verschärft. Real haben wir in Deutschland mittlerweile 7,8 Millionen Arbeitslose und zirka 9,8 Millionen Unterbeschäftigte. Entsprechend sind etwa 50 Prozent der abhängig Beschäftigten entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Infolge der Massenarbeitslosigkeit, des allgemeinen Lohnabbaus und der Zerschlagung der sozialen Reformen treten Erscheinungen der allgemeinen Verelendung auf, wie wir sie bisher vor allem aus den neokolonial abhängigen und unterdrückten Ländern kennen. In Deutschland sind heute 860.000 Menschen akut von Obdachlosigkeit bedroht, Millionen leben unter der Armutsgrenze, davon allein 1,5 Millionen Kinder unter 14 Jahren.

Mitte 2004 entwickelte sich eine bundesweite „Montagsdemonstrationsbewegung", die seitdem jede Woche am Montag bundesweit vor allem gegen die volksfeindliche Sozialpolitik der Regierung auf die Straße geht. Auf ihrem Höhepunkt im August 2004 umfasste sie über 250.000 Menschen, die in fast allen Städten Deutschlands unter der Losung „Weg mit Hartz IV!" (so heißen die „Arbeitsmarktreformen") –„Das Volk sind wir!" auf die Straße gingen. Gegen diesen Aufschwung der Volksproteste wurden vom Staat politische Lagezentren eingerichtet, in denen die Tätigkeit von Geheimdienst, Staatsapparat und Massenmedien koordiniert wurden. Infolge der Desinformation der öffentlichen Meinung und der Spaltung durch rechte Gewerkschafts- und Attac-Führer sanken Ende 2004 die Teilnehmerzahlen ab. Zugleich bleibt es ein Novum der deutschen Geschichte, dass seit dem jede Woche, Montag für Montag in über 100 Städten zirka 10.000 Menschen auf die Straße gehen. Sie brachten Formen der direkten Demokratie, wie Delegiertenwahl für bundesweite Montagsdemo-Versammlungen, für alle offene Mikrofone und eine solidarische Streitkultur hervor. Sie gelten heute als das „soziale Gewissen" in Deutschland und sind untrennbar mit der Kleinarbeit der MLPD verbunden.

Eine wichtige neue Anforderung an das Klassenbewusstsein der Arbeiter besteht gegenwärtig in der Erweiterung der Europäischen Union. Von den Herrschenden wird dies als friedliche Wiedervereinigung des geteilten Europas dargestellt. In Wirklichkeit handelt es sich um die neokolonialistische Integration von zehn vom Imperialismus ausgebeuteten und unterdrückten Ländern, insbesondere in Osteuropa. Um die neuen Märkte unter den 150 westeuropäischen Übermonopolen aufzuteilen, hat die EU ein 40,8 Milliarden € umfassendes Investitionsprogramm aufgestellt. Danach bekommt jedes Unternehmen zwischen 37 und 70 Prozent an staatlichen Subventionen, Steuererleichterungen oder anderen Leistungen, wenn es in den nächsten Jahren in den neuen EU-Ländern investiert bzw. seine Produktion dahin verlagert. Das ist die Ursache für eine Reihe von Verlegungen von Betriebsteilen von Deutschland in diese Länder. Von den Herrschenden und auch von der reformistischen Gewerkschaftsführung wird von diesem neokolonialistischen Kurs abgelenkt und behauptet, die Verlagerung erfolgte vor allem wegen der billigen Löhne und der längeren Arbeitszeiten in den neuen EU-Ländern. Der Zweck dieser ökonomistischen Propaganda ist, die Arbeiter in einen gnadenlosen Konkurrenzkampf mit den Arbeitern in diesen anderen Ländern zu treiben, die Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich und die massive Kürzung der Löhne hinzunehmen. Es ist allerdings eine Illusion, dadurch die neokolonialistische Offensive und Verlagerung von Produktionsteilen verhindern zu wollen. Bei einem Lohnanteil in der Industrie von durchschnittlich 7,9 Prozent am Umsatz würde selbst bei 50 oder 70 Prozent niedrigeren Löhnen in diesen Ländern der Lohnanteil kaum sinken. Das alles zu durchschauen, erfordert ein höheres Klassenbewusstsein, um diese neue Stufe der Konkurrenz zwischen den Arbeitern zu bewältigen und über Ländergrenzen hinweg zu kämpfen. Solange der Kapitalismus existiert, gibt es die Konkurrenz unter den Arbeitern. Die Neuorganisation der internationalen Produktion hat zu der Konkurrenz in der nationalen Produktion auch eine Konkurrenz zwischen den einzelnen Ländern hinzugefügt. Es ist sehr wichtig, dass die Arbeiter über Ländergrenzen hinweg erkennen, dass sie aller einer Klasse angehören, und sich nicht zwischen den Nationen ausspielen lassen, wie es z.B. die reformistische Gewerkschaftsbürokratie tut, die mit Standortparolen usw. versucht, die Arbeiter aufzuspalten.

Die MLPD hat sich die Aufgabe gestellt, die strategische Gegenoffensive der Arbeiterklasse zu organisieren und die Entwicklung im Klassenkampf von der Etappe der nichtrevolutionären Situation zur Etappe der akut revolutionären Situation zu fördern. Sie kann dabei auf eine sehr positive Bilanz zurückblicken. Es ist ihr in den letzten Jahren gelungen, Massen zu bewegen und zu führen. Sie konnte an Brennpunkten der Arbeiterbewegung, aber auch Frauen-, Jugend- und Friedensbewegung eine prägende Rolle einnehmen. Zur Hauptaufgabe machte der VII. Parteitag der MLPD, den Parteiaufbau zum führenden Faktor im Klassenkampf zu machen. Dazu muss vor allem jede Form der Anbetung der Spontaneität überwunden werden. Nur in der Einheit von objektivem und subjektivem Faktor kann die Partei der Massen entstehen und ausreifen. Die Klassenwidersprüche werden sich erheblich verschärfen, aber niemand kann vorhersagen wie sich der Klassenkampf konkret entwickeln wird. Die MLPD muss auf alles eingestellt sein und den Parteiaufbau als führenden Faktor in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten stellen.

I.2. Wie hat Chinas Kampf gegen den Revisionismus nach dem Ende des XX. Parteitags der KPdSU 1956 und der Beginn der Kulturrevolution 1966 die Gründung Eurer Partei beeinflusst?

Nach der Machtergreifung einer neuen Bourgeoisie auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 verwandelte sich auch die vormals revolutionäre KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) in eine revisionistische Partei. Zugleich war eine offene Diskussion in der KPD unmöglich gemacht worden, weil die KPD im selben Jahr von den westdeutschen Imperialisten verboten worden war. Willi Dickhut - der seit 1926 der KPD angehörte und Mitbegründer der MLPD wurde – hatte sich dennoch die ins Deutsche übersetzte chinesische Literatur beschafft, um sich selbständig eine Meinung über die Differenzen zwischen der KPdSU und der KP Chinas zu bilden. In seinen Lebenserinnerungen „Was geschah danach?" schrieb er rückblickend:

„1965 gaben die chinesischen Kommunisten die 650 Seiten umfassende Schrift ‚Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung’ in deutscher Sprache heraus. Das war eine ausgezeichnete Auseinandersetzung mit dem modernen Revisionismus der sowjetischen Führung, insbesondere Chruschtschow und eine große Hilfe in der internationalen ideologisch-politischen Diskussion. Statt diese Hilfe aufzugreifen und den Inhalt der Polemik mit dem sowjetischen Material ... zu vergleichen, so wie meine Frau und ich das taten, wurde (von der regionalen KPD-Führung – Anmerkung des Autors) ohne Kenntnis alles was aus China oder Albanien kam, verdammt und verunglimpft. Wir wurden beschimpft als die ‚Schlitzaugen’ und ‚Chinesen’." (S. 408)

Willi Dickhut versuchte zunächst innerhalb der KPD durch einen prinzipiellen ideologisch-politischen Kampf der revisionistischen Entartung entgegenzutreten. Gestützt auf den „Vorschlag zur Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung" hatte er als Grundlage für die Auseinandersetzung innerhalb der KPD eine Ausarbeitung über die Differenzen zwischen der KPdSU und der KP Chinas verfasst. Die westdeutschen Revisionisten, die dadurch erstmals innerhalb der Partei mit einer konzentrierten Zusammenfassung der von Mao Tsetung initiierten Kritik konfrontiert wurden, hatten dem nichts entgegenzusetzen. Sie nutzten die Illegalität der Partei zur Unterdrückung einer breiteren Diskussion aus und verlangten kategorisch, „das Material aus Peking abzubestellen". Als dies durch Willi Dickhut verweigert wurde, flüchteten sie zu administrativen Mitteln. 1966 wurde Willi Dickhut von der revisionistischen Führung, nach 40 Jahren Mitgliedschaft, aus der KPD ausgeschlossen.

In der nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 revisionistisch entarteten DDR wurden die chinesischen Texte zur Kritik am Revisionismus nie veröffentlicht. Eine damalige Bewohnerin der DDR berichtete dazu im Jahr 2002:

„Die Maotsetungideen zur Kulturrevolution wurden durch die SED-Führung totgeschwiegen oder bewusst verunglimpft. Aus gutem Grund, wie wir heute wissen. Der Demokratische Zentralismus war in der SED in den letzten Jahren zum Absegnungsmechanismus für ‚von oben’ vorgelegte Beschlüsse verkommen. Auch konnte von unabhängiger Kontrolle keine Rede mehr sein." (zitiert nach: Dokumentation der Veranstaltungsreihe zum Lebenswerk von Willi Dickhut, Essen, 2002, S. 236)

1967/1968 bemühten sich Mitglieder der illegalen KPD durch die Herausgabe der Zeitschrift „Spartakus" um eine gründliche und rückhaltlose Abrechnung mit den Revisionisten. Im Beitrag „Probleme der Marxisten-Leninisten" von September/Oktober 1967 schrieben sie:

„Selbst aus dem höchst alarmierenden Ereignis des 17. Juni 1953 (Arbeiterunruhen gegen bürokratische Maßnahmen der SED-Führung – Anmerkung des Autors) wurde keine ernsthafte Lehre gezogen... Spätestens nach diesem Ereignis hätten grundsätzliche Änderungen erfolgen müssen. Eine umfassende Kulturrevolution unter den Bedingungen der damaligen Verhältnisse in der DDR wäre notwendig gewesen, um getreu den Prinzipien des Marxismus-Leninismus die Partei auf revolutionärer Grundlage zu erneuern und von allen schändlichen Elementen zu säubern."

In der „Geschichte der MLPD" wurde ihre Entwicklung ausgewertet:

„Es war vor allem die Kulturrevolution 1966/67 in China, die den Genossen half, ihre persönlichen Erfahrungen mit den revisionistischen Erscheinungen in der KPD/SED zu einer prinzipiellen Kritik am Revisionismus zu verdichten. Den Hauptstoß ihrer Kritik richteten sie gegen den kleinbürgerlichen Lebensstil der Funktionäre in der SED, in dem sie die Hauptursache der revisionistischen Entartung sahen." (Geschichte der MLPD, Erster Teil, S. 28)

Im Buch „Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung" (Revolutionärer Weg 26) stellten wir zusammenfassend fest, dass der Ausgangspunkt des Neuaufbaus der marxistisch-leninistischen Partei in Deutschlands der „... Kampf gegen den modernen Revisionismus und die Verteidigung des Marxismus-Leninismus als ideologisches Fundament der Partei (war). Richtschnur dafür waren ‚Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung’, die 1963 zwischen der KP Chinas und der KP der Sowjetunion ausgetragen wurde, sowie die durch Mao Tsetung 1966 eröffnete ‚Große proletarische Kulturrevolution’. Diese Auseinandersetzung gipfelte in Westdeutschland im Bruch mit den Parteien und Organisationen des modernen Revisionismus und im Beginn des Neuaufbaus der marxistisch-leninistischen Partei." (Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung, Essen, 1995, S. 114 f.)

Mit dem Beginn des Neuaufbaus der marxistisch-leninistischen Partei Ende der 1960er Jahre entfaltete sich der Kampf um die proletarische Linie.

Die große proletarische Kulturrevolution in der Volksrepublik China im August 1966 und der erfolgreiche Volkskrieg in Vietnam, Laos und Kambodscha gegen den barbarischen Aggressionskrieg der USA waren ein großer Ansporn für alle Revolutionäre in der Welt, den Kampf gegen den modernen Revisionismus aufzunehmen. Vor allem viele junge Menschen schlossen sich in Deutschland der neuen marxistisch-leninistischen und Arbeiterbewegung an.

Willi Dickhut war einer der ersten wenigen Kader aus der alten KPD, die sich Ende 1968 an den Neuaufbau der revolutionären Arbeiterpartei in Deutschland machten. Bevor eine neue marxistisch-leninistische Partei aufgebaut werden durfte, musste die revisionistische Entartung der alten KPD wissenschaftlich nachgewiesen werden. Alles andere hätte als unverzeihliche Spaltung der revolutionären Arbeiterbewegung gewirkt. Willi Dickhut schlug außerdem vor, nicht sofort eine neue Partei zu gründen, sondern erst die notwendigen ideologischen, politischen und organisatorischen Voraussetzungen einer revolutionären Arbeiterpartei neuen Typs in Deutschland zu schaffen. Darunter verstand er nicht die Bolschewisierung der kommunistischen Parteien der 20er Jahre, sondern grundlegende Schlussfolgerungen aus der revisionistischen Entartung eines großen Teils der alten kommunistischen Bewegung und der Restauration des Kapitalismus in den meisten ehemals sozialistischen Ländern. Diese Richtung stand für die proletarische Linie beim Neuaufbau der marxistisch-leninistischen Partei, die sich in einem scharfen Kampf gegen die kleinbürgerliche Prägung der marxistisch-leninistischen Bewegung behaupten und durchsetzen musste, von der eine Woge der Spaltung, des Desorganisation und des Liquidatorentums gegenüber der jungen marxistisch-leninistischen Bewegung ausging.

Nach dem Niedergang der kleinbürgerlichen Studentenbewegung, angezogen durch die Entwicklung in China und Indochina und die Septemberstreiks in Deutschland 1969 wandten sich Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre Zehntausende kleinbürgerliche Studenten dem Marxismus-Leninismus zu. Es entstand ein regelrechter Wettbewerb unter ihnen, wer die neue einzig wahre und natürlich „führende" marxistisch-leninistische Partei in der größten Geschwindigkeit mit dem lautesten Pathos und der größten Menge Papier aus der Taufe hob. Das Ergebnis waren 152 Organisationen und Parteien im Jahr 1972 mit marxistisch-leninistischem Anspruch – eine heillose Zersplitterung und Verwirrung. Die Führer der kleinbürgerlichen ML-Bewegung waren unfähig, die Massenlinie zu begreifen geschweige denn sie zu verwirklichen. Es gelang ihnen nicht, sich tatsächlich tief mit dem Proletariat zu verbinden, von ihm zu lernen, sich mit ihm zu verschmelzen und eine proletarische Denkweise anzunehmen. Statt dessen versuchten sie die Organisationen und Parteien nach ihrem kleinbürgerlichen Ebenbild und Zielvorstellungen aufzubauen. Dogmatismus, Revisionismus, Sektierertum und Opportunismus und kleinbürgerlicher Führungsanspruch bestimmten die ideologisch-politischen Grundlagen der kleinbürgerlichen Bewegung, die natürlich scheitern mussten. Als die spontane ML-Bewegung Mitte der 1970er Jahre wieder zurückging, erwiesen sich die meisten dieser kleinbürgerlichen Studenten als unfähig die richtigen Schlüsse aus ihrer Niederlage zu ziehen. Sie bewiesen ihre ganze Charakterlosigkeit, indem sie schnell in den Schoß der Bourgeoisie zurückkehrten, sich ins Privatleben zurückzogen oder sich der kleinbürgerlichen grünen Partei oder den modernen Revisionisten anschlossen. Das geschah natürlich nicht, ohne heftig über den Marxismus-Leninismus, die Maotsetungideen und insbesondere die Idee der Großen Proletarischen Kulturrevolution als vermeintliche Ursache ihres Scheiterns hergefallen zu sein.

Vor allem waren sie unfähig, den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen allseitig auf die konkrete Wirklichkeit des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland anzuwenden. Es ist das besondere Verdienst Willi Dickhuts, dass mit dem 1969 erstmals erschienen theoretischen Organ „Revolutionärer Weg" eine grundsätzliche Widerlegung der revisionistischen Linie der KPD/DKP erfolgte. Alle seitdem erschienenen 31 Ausgaben bis 2003 des theoretischen Organs „Revolutionärer Weg" durchzieht der Kampf gegen den modernen Revisionismus. Als eine seiner ersten Aufgaben sah Willi Dickhut die Notwendigkeit, die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion zu untersuchen. Unter größten Schwierigkeiten und Mühen machte er sich daran, den Prozess der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion allseitig nachzuweisen. Sein gleichnamiges Buch dazu erschien 1971/72. Es existiert heute in mindestens 6 Sprachen der Welt und wurde in einer Auflage von Zehntausenden international verbreitet. Diese umfassende theoretische Arbeit wurde verbunden mit der Konzentration auf die Hauptkampflinie Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit und die Gewinnung und Herausbildung proletarischer Kader.

Der Sieg der proletarischen Linie im Parteiaufbau gipfelte in der Trennung von der kleinbürgerlichen ML-Bewegung, die mit der Gründung des Kommunistischen Arbeiterbunds Deutschlands (KABD) – der Vorläuferorganisation der MLPD - im August 1972 vollzogen wurde. In seiner Gründungserklärung heißt es:

„Voller Bewunderung blicken alle wirklichen Kommunisten auf die geschichtliche Tat der Kommunistischen Partei Chinas, die das Banner des Marxismus-Leninismus gegen alle Anschläge der Revisionisten hoch gehalten hat. Sie hat den marxistisch-leninistischen Kräften in aller Welt Mut gemacht, ihrerseits den Kampf gegen die revisionistische Übermacht aufzunehmen und eine neue revolutionäre Bewegung zu entfachen." (S. 20)

Nach dem Tode Mao Tsetungs kam es zu einer weltweiten Welle des modernen Liquidatorentums. Die Restauration des Kapitalismus in China unter Führung Deng Xiao Pings und die Angriffe der Partei der Arbeit Albaniens spalteten die kommunistische Weltbewegung erneut.

Seit 1977 wurde es zum Hauptkennzeichen einer marxistisch-leninistischen Organisation, ob sie an den Maotsetungideen festhält und sie verteidigt, oder ob sie den Verfälschungen und Verleumdungen aufsitzt und die Maotsetungideen bekämpft. Der KABD war die einzige Organisation in Deutschland, die die Ereignisse in China vom Standpunkt des Marxismus-Leninismus aus richtig analysierte. In kurzer Folge erschien eine Serie der Schriftenreihe China Aktuell mit insgesamt sieben Ausgaben.

China aktuell 1: Die Führung Chinas segelt im Wind von rechts! (Eine Dokumentation über die Entwicklung des Klassenkampfs in der VR China (1977)

China aktuell 2: Die "Drei-Welten-Theorie" als strategische Konzeption hat den Wind von rechts im Rücken! (1978)

China aktuell 3: Verteidigt die Maotsetungideen! (Offener Brief der Zentralen Leitung des KABD an das ZK der Partei der Arbeit Albaniens (1979)

China aktuell 4: Die Führung Chinas zerstört die Diktatur des Proletariats! (eine Dokumentation über die Wiederherstellung des Kapitalismus in China) (1979)

China aktuell 5: Hoxha kontra Mao Tsetung (Verteidigt den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen (1980)

China aktuell 6: Von der Restauration des Kapitalismus zum Sozialimperialismus in China I (Die revisionistische Innenpolitik) (1981)

China aktuell 7: Von der Restauration des Kapitalismus zum Sozialimperialismus in China II (Sozialimperialistische Außenpolitik (1981)

Auch der KABD blieb nicht von dem scharfen Kampf zweier Linien verschont. Inspiriert von der großartigen Idee der Proletarischen Kulturrevolution entwickelte Willi Dickhut, der damals auch Leiter der Zentralen Kontrollkommission war, eine neue Methode im innerparteilichen Linienkampf. 1976 wollten kleinbürgerliche Liquidatoren den KABD von innen heraus zerstören. Ihre Linie lief darauf hinaus, die Ausrichtung des KABD an den Interessen der breitern Masse der Arbeiter und damit auch die Massenlinie aufzuheben und an ihre Stelle die sektiererische Theorie und Praxis der Orientierung auf die sog. ‚Fortgeschrittenen’ zu setzen. In dieser Situation mobilisierte die ZKK die ganze Mitgliedschaft in einer Kritik-Selbstkritik-Kampagne zur Verteidigung der korrekten ideologisch-politischen Grundlagen der Organisation. In einer bis dahin einmaligen Kritik-Selbstkritik-Kampagne wurden die liquidatorischen Ansichten, die zeitweise von der gesamten zentralen Führung übernommen worden waren, kritisiert, zurückgewiesen und überwunden. Die Liquidatoren wurden entlarvt und isoliert, die Organisation vor der Zerstörung bewahrt und der Parteiaufbau erhielt neue Impulse. Der KABD erkannte die kleinbürgerliche Denkweise als Hauptursache des Liquidatorentums und klärte die grundsätzliche Bedeutung des Kampfs gegen die kleinbürgerliche Denkweise für den Aufbau der revolutionären Partei. In einem Aufruf zur Kritik-Selbstkritik-Bewegung zur Vorbereitung der Parteigründung von 1976 hieß es:

„Wir fassen diese Perspektivaufgaben als drei Ziele dieser Kritik-Selbstkritik-Bewegung zusammen:

  1. die kleinbürgerliche Denkweise zu überwinden und die proletarische Denkweise durchzusetzen,
  2. den Zirkelzustand zu überwinden und den Organisationszustand einzuführen und zu festigen,
  3. den kleinbürgerlichen Arbeitsstil zu überwinden und sich den proletarischen, den marxistischen Arbeitsstil anzueignen." (zitiert in: "Geschichte der MLPD", Teil II, Bd. 1, S. 245)

Das war eine entscheidende Weichenstellung für die erfolgreiche Gründung der MLPD im Jahr 1982.

Nach der Gründung der MLPD weitete sie die Arbeit schrittweise auf andere gesellschaftliche Gebiete aus: Beteiligung an Wahlen, Arbeit in der internationalen Solidarität, Beteiligung am Friedenskampf, am Kampf zum Schutz der natürlichen Umwelt, am antifaschistischen Kampf, Entwicklung einer Kleinarbeit unter der breiten Masse der Frauen usw. Dazu führte der Parteivorsitzende Stefan Engel in seiner Rede zur Gedenkveranstaltung zu Willi Dickhut am 9. Mai 2002 heraus:

„Bei all diesen inhaltlichen Erfahrungen wurden eine Reihe von Fehlern gemacht, die immer wieder auf einen Punkt zurückgingen: einen Verstoß gegen die dialektische Methode. Deshalb kamen wir nach dem IV. Parteitag 1991 zu dem Schluss, dass es der Partei gelingen muss, Fehler zu vermeiden, um das komplizierte Problem der relativen Isolierung der Partei zu lösen und Partei der Massen zu werden.

In dieser Situation stellte Willi Dickhut die These auf, ‚die Partei muss auf der Grundlage der proletarischen Denkweise arbeiten’. In dieser These von Willi Dickhut, die er am Ende seines langen Wirkens in der revolutionären und Arbeiterbewegung aufstellte, ist gleichzeitig das Vermächtnis Willi Dickhuts enthalten. Der Kampf um die Denkweise ist eine grundlegende Aufgabe für die Entwicklung des Klassenbewusstseins der Arbeiter, für den Parteiaufbau und auch für den Aufbau des Sozialismus (...)

Inzwischen hat sich die Partei systematisch die Lehre von der Denkweise zu eigen gemacht und auf allen Gebieten wichtige Fortschritte gemacht. Es ging vor allem darum, die gesamte Tätigkeit als bewusste Anwendung der dialektischen Methode zu fassen und jeder Erscheinungsform der kleinbürgerlichen Eitelkeit, der Überheblichkeit und Arroganz, des Sektierertums und der Massenfeindlichkeit, des Opportunismus und Pragmatismus sowie des Dogmatismus und des Revisionismus eine entschiedene Abfuhr zu erteilen.

Die Lehre von der Denkweise fußt auf der Erkenntnis von Mao Tsetung, dass sich der Kampf zwischen der proletarischen und der bürgerlichen Weltanschauung auch innerhalb der Arbeiterklasse, innerhalb der marxistisch-leninistischen Partei und auch im Sozialismus als Kampf zwischen proletarischer und kleinbürgerlicher Denkweise widerspiegelt. Die Massen müssen mit der kleinbürgerlichen Denkweise fertig werden, sonst sind sie nicht in der Lage, sich im gesellschaftsverändernden Kampf zu befreien."

Mittlerweile konnte die MLPD systematisch Erfahrungen mit der Arbeit auf der Grundlage der proletarischen Denkweise machen.

Als Schlüssel für die Weiterentwicklung der MLPD schälte sich dabei das dialektische Verständnis des Systems der Selbstkontrolle der Partei heraus. Bereits im Revolutionären Weg 15 arbeiteten wir heraus: „Die Frage der Denkweise ist für die Arbeiterbewegung so wichtig, dass sie ständig überprüft werden muss, mehr noch, stets muss kontrolliert werden, wer wen beeinflusst." (S. 11)

Von Anbeginn des Parteiaufbaus verfügte die MLPD daher über unabhängige Kontrollkommissionen. Die Abschaffung unabhängiger Kontrollkommissionen unter Stalin 1933 war Ausdruck der Unterschätzung des ideologischen Kampfs um die Denkweise. Dass Mao Tsetung das nicht erkannt hatte, war offensichtlich ein Fehler, wie die negative Entwicklung der KP Chinas nach seinem Tod zeigte.

Die MLPD zog daraus die Lehre: Der systematische Kampf um die Denkweise in der marxistisch-leninistischen Partei wird durch die dialektische Einheit der drei Seiten der Kontrolle garantiert. Sie geht davon aus, dass neben der Kontrolle von unten durch die revolutionäre Wachsamkeit der Mitglieder, die Selbstkontrolle der Kader und Mitglieder, auch die Kontrolle von oben, mittels unabhängiger Kontrollkommissionen organisiert werden muss. Die Verwirklichung einer proletarischen Kontrolle und Selbstkontrolle der ganzen Partei ist der entscheidende Garant gegen die Gefahr der revisionistischen Entartung und für die Weiterentwicklung der MLPD zur Partei der Massen.

I.3. Konkrete Beispiele, wie die MLPD den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen bei der Durchführung von Kämpfen und der Organisierung der Arbeit genutzt hat (einschließlich der Massenlinie von Mao)

Die MLPD hat von Anfang an den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen als Anleitung zum Handeln betrachtet. Was die Anfangsjahre des Parteiaufbaus angeht haben wir unter I.2 bereits einige Ausführungen gemacht und zur aktuellen Lage in Deutschland unter I.1.

Die MLPD vertritt grundsätzlich die Auffassung, dass es eine Revolution ohne oder gegen die Volksmassen nicht gibt und nicht geben kann. Dazu müssen die Widersprüche im Volk richtig behandelt werden. Der Garant dafür ist die strikte Anwendung der Massenlinie. Die geduldige Überzeugungsarbeit unter der Arbeiterklasse und den kleinbürgerlichen Zwischenschichten für den einzig gangbaren Ausweg bedeutet die Vorbereitung des Kampfbündnisses der Arbeiterklasse mit der kleinbürgerlichen Intelligenz gegen den Imperialismus. Nach Mao Tsetung entscheidet die Entwicklung richtiger Methoden der Verbindung der Partei mit den Massen über den Erfolg des proletarischen Klassenkampfes. Eine der grundlegenden Schlussfolgerungen der MLPD daraus ist die Bedeutung der überparteilichen Selbstorganisationen der Massen und ihres Wechselverhältnisses zum marxistisch-leninistischen Parteiaufbau. Dazu heißt es im Buch „Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung"

„Es war eine der abstoßendsten Erscheinungen der Restauration des Kapitalismus in den ehemals sozialistischen Ländern, wie sich die Massenorganisationen, die sich per Dekret der ‚führenden Rolle der kommunistischen Partei’ unterzuordnen hatten, zu Ordnungsfaktoren der revisionistisch entarteten bürokratischen Kapitalisten wandelten. Der Sieg des Revisionismus hatte aus dem demokratischen Zentralismus der sozialistischen Gesellschaft einen verknöcherten bürokratischen Zentralismus gemacht, der das neue Ausbeutungsverhältnis zwischen den Massen und der herrschenden Bürokratie in der zentralen Partei-, Wirtschafts- und Staatsführung verkörperte.

Bürokratisch-zentralistische Führungsmethoden traten bereits vor der Zerstörung des Sozialismus in der Sowjetunion und des begonnenen sozialistischen Aufbaus in der DDR durch die entartete Bürokratie Chruschtschows mehr und mehr in den Vordergrund. In damals öffentlich geäußerten Kritiken an der Praxis der SED konnte man unter anderem lesen:

‚Wie muss man es anfangen, um die führende Rolle der Partei in den Massenorganisationen zu verwirklichen? Die meisten Genossen verstehen darunter hundertprozentige Besetzung aller leitenden Stellen der Massenorganisationen, Körperschaften und Verwaltungen mit Genossen unserer Partei .. Die falsche Einstellung über die Rolle der Partei treibt uns von einem Fehler zum anderen. Statt zu überzeugen, befehlen wir. Das ist natürlich bequemer.’ (‚Neues Deutschland’, 24. Juni 1949)" (Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung, Essen 1995, S. 231-232)

Aus verschiedenen negativen Erfahrungen musste die MLPD grundsätzliche Schlussfolgerungen ziehen. So korrigierte sie Anfang der 90er Jahre ihre Bemühungen eine marxistisch-leninistische Frauenorganisation aufzubauen zur Unterstützung des Aufbaus einer wirklichen überparteilichen Frauenorganisation. In der Nr. 26 des theoretischen Organs der MLPD „Revolutionärer Weg" heißt es dazu:

„Die Erfahrungen in der modernen Industrieproduktion, das Bildungs- und Kulturniveau sowie die wachsende Unzufriedenheit unter den Massen sind materielle Grundlagen für das spontane Streben der Massen nach Selbstorganisation und Unabhängigkeit von der bürokratischen Bevormundung und Gängelung durch die Monopolparteien. Der Anteil der Frauen an der Gewerkschaftsmitgliedschaft stieg bis 1993 auf 31,4 Prozent. Bei wichtigen Arbeiterstreiks, so zum Beispiel 1987/88 beim Kampf der Stahlarbeiter von Krupp in Duisburg-Rheinhausen oder beim Kampf der Bergarbeiter von Hückelhoven, entstanden Frauenkomitees zur Unterstützung der Streikenden. Viele Menschen finden heute den Weg in die Selbstorganisation aus der Erkenntnis heraus, selbst aktiv werden zu müssen, aber in ihrem Denken haben sie sich noch nicht von den Ideen und Programmen der Monopolparteien losgelöst. Oft arbeiten sie noch in der Vorstellung, den Politikern – besonders der SPD – Beine machen zu müssen, damit diese ihrer Verantwortung gegenüber den Wählern nachkommen.

Wenn sich die bürgerlichen Politiker unter dem Druck der Aktionen scheinbar den Problemen der Massen zuwenden, sind diese Menschen geneigt, ihre eigene Sache wieder aus der Hand zu geben. Hier setzt die Aufgabe der überparteilichen Selbstorganisation an. Als ein wirklich überparteilicher Frauenverband wurde 1991 Courage gegründet. Zu seinem Markenzeichen machte er die »Drei Trümpfe«: 1. wirkliche Überparteilichkeit, 2. breite Demokratie und 3. finanzielle Unabhängigkeit. 1994 kam noch ein vierter Trumpf hinzu, der Internationalismus: »Frauen verbinden Welten«.

Von wenigen Frauengruppen wuchs der Verband in nur vier Jahren auf 65 Gruppen mit zirka 650 Mitgliedern in ganz Deutschland an. Er vereinigt in seinen Reihen Arbeiterfrauen und Frauen aus den kleinbürgerlichen Zwischenschichten. Das war die Antwort auf die Krise, in die der kleinbürgerliche Feminismus geraten war. In der Zusammenarbeit von Menschen unterschiedlicher Weltanschauung und Parteizugehörigkeit und durch freimütige ideologisch-politische Auseinandersetzung muss sich die selbstverantwortliche Tätigkeit der Massen entfalten. Die überparteiliche Selbstorganisation kann sich jedoch nur im Kampf gegen die zersetzende und desorganisierende Rolle der kleinbürgerlichen Denkweise entwickeln. Diese sucht die Selbstorganisation durch eine kleinbürgerliche Selbstbewegung zu ersetzen, in der persönliche Profilierungssucht, Hofierung einzelner Personen oder Gruppen, Missachtung gemeinsamer Beschlüsse usw. dominieren. (...)

Aus den Erfahrungen der Mitarbeit im Frauenverband Courage lassen sich folgende Hauptmerkmale der Wechselwirkung zwischen marxistisch-leninistischer Überzeugungsarbeit und Unterstützung überparteilicher Selbstorganisationen verallgemeinern:

1. Die Selbstorganisation kann sich nur auf der Grundlage des Kampfs für die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Rechte der Massen entwickeln.

2. Dazu ist ein positives Programm für die Lösung der gesellschaftlichen Probleme auf Kosten des Monopolkapitals notwendig.

3. Die Tätigkeit der Selbstorganisation muss das gesamte Denken, Fühlen und Handeln der Menschen einschließen – gemeinsam lernen und kämpfen, gegenseitige Hilfe und Beratung, solidarische Kultur im Feiern wie im Trauern.

4. Um alle Entscheidungen demokratisch und einvernehmlich herbeizuführen, bedarf es nicht nur transparenter demokratischer Strukturen, sondern auch positiver Vorschläge, Entwürfe und Pläne sowie der vollen Publizität über die auftretenden Meinungsverschiedenheiten.

5. Die Selbsttätigkeit der Massen entwickelt sich nur, wenn sie auch die volle Verantwortung für die Entscheidung und die Durchführung der beschlossenen Aufgaben in Händen haben. Nur so läßt sich lernen, die Politik und ihre Kontrolle in die eigenen Hände zu nehmen und das nötige Selbstbewußtsein zu vergrößern als Grundlage der Selbstbefreiung der Massen.

6. Je mehr Kräfte unterschiedlicher Weltanschauung, parteipolitischer oder parteiloser Orientierung, unterschiedlicher Nationalität, Klassenlage, Berufstätigkeit usw. die Selbstorganisation zusammenfaßt, desto größer ist ihre überparteiliche politische Ausstrahlung und gesellschaftliche Kraft. Desto größer ist aber auch die Anforderung an die Marxisten-Leninisten, eine enge Verbindung zur Arbeiterbewegung herzustellen und Überzeugungsarbeit zu leisten für den echten Sozialismus als einzige gesellschaftliche Alternative.

7. Der Kampf gegen den reformistischen und revisionistischen Einfluß sowie gegen den sektiererischen kleinbürgerlichen Feminismus muß stets konkret auf der Grundlage der eigenen Erfahrungen in einem ständigen kollektiven Lernprozeß geführt werden.

8. Nicht die bloße negative Abgrenzung von kleinbürgerlichen Auffassungen und Praktiken, sondern allein die helfende Kritik und Selbstkritik, die mit positiven Lösungsvorschlägen verbunden ist, erleichtert es kleinbürgerlichen Kräften, Schritt für Schritt ein proletarisches Denken anzunehmen.

9. Die Marxisten-Leninisten müssen die Fähigkeit entwickeln, gerade diejenigen Initiativen der Massen zu fördern und aufzugreifen, die den Weg der Selbstbefreiung weiterentwickeln, und ein enges gegenseitiges Vertrauensverhältnis der marxistisch-leninistischen Partei zu diesen überparteilichen Selbstorganisationen aufbauen.

Aus der Verwirklichung dieser Hauptmerkmale können überparteiliche Selbstorganisationen als starke politische Kraft im Kampf der Arbeiterklasse und der Volksmassen um ihre Selbstbefreiung erwachsen. Ihre mobilisierende und anziehende Wirksamkeit beruht gerade darauf, daß die Massen in ihrer politischen und kulturellen Tätigkeit und im persönlichen Zusammenleben lernen, selbst den Kampf um die proletarische Denkweise im Vertrauen auf die eigene Kraft zu führen." (Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung, Essen 1995, S. 233-237)

Die MLPD misst der revolutionären systematischen Kleinarbeit ausschlaggebende Bedeutung zu. Mittels einer konkreten Analyse entwickelt die Partei eine überzeugende Agitation und Propaganda. Sie drängt der reformistischen und revisionistischen Einfluss zurück und versteht es solche Losungen und Kampfformen auszuarbeiten, die sich die Arbeiter zu eigen machen. Wir führen als Beispiel die folgenden Auszüge aus einem Bericht einer MLPD Betriebsgruppe bei Thyssen Schalker Verein auf:

„’Ausgangspunkt war unsere Betriebsgruppensitzung, auf der es eine heftige Debatte gab, als die Mehrheit der Genossen pauschal vertrat, die Kollegen sind eben resigniert, es wird nicht zum Kampf kommen. Daraufhin legten wir fest, die Argumente der Kollegen ganz genau zu sammeln und richtig unter die Lupe zu nehmen. Dabei stellten wir die unterschiedlichsten Meinungen fest. Die einen sagten, ›da kannst du eh nichts machen‹, die anderen ›die machen sowieso, was sie wollen‹, die dritten ›den Sauhaufen von Betriebsrat sollte man wegjagen‹, andere meinten ›für die reiß ich mir den Arsch nicht mehr auf‹, ›man müßte was tun. Wenn was läuft, bin ich mit dabei‹ Es schälten sich dabei die wichtigsten Bestandteile für die Voraussetzungen eines selbständigen Kampfes heraus. – Da kamen gerade die Stillegungsabsichten des Vorstandes auf den Tisch, am Mittwoch vor der Belegschaftsversammlung. Wir stellten als die wichtigsten Forderungen auf: – Keine einzige Entlassung! Aktiver Widerstand gegen Massenentlassungen! Kampf um jeden Arbeitsplatz! – Alle Stahlarbeiter gemeinsam für die 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich!

Der Kampfwille stieg. Der erste Schritt aus der Defensive war die Ergreifung der Initiative. Dies reichte aber nicht aus.

Mit der Parole, die wir ausgaben, die Teilbelegschaftsversammlung in eine Protestversammlung aller Schalker-Verein-Kollegen umzuwandeln, galt es den Kampfwillen in die Aktion umzuwandeln. Die Kollegen griffen es auf. ›Der Schmelzer‹* wurde bei allen drei Schichten fast an alle Kollegen verteilt. Betriebsrat und DKP mußten sich nun öffentlich bekennen. Und ihnen blieb gar nichts anderes übrig, als dem ›Schmelzer‹ zuzustimmen … Viele merkten, daß ihre Erfahrungen, unsere klaren Forderungen und der Gedanke des selbständigen Kampfes direkt im Widerspruch zu den Reformisten standen: zwei Linien zwei Wege. Der Weg der Klasseninteressen der Arbeiterklasse – der Weg der Klassenversöhnung und der Unterordnung unter die Kapitalisten.’"(Willi Dickhut, Die dialektische Einheit von Theorie und Praxis, Essen 1988, Seite 256-257)

Eine zentrale Frage der Parteiarbeit besteht darin, den Einfluss der kleinbürgerlich-reformistischen Denkweise systematisch zurückzudrängen. Als konkretes Beispiel möchten wir die Entwicklung im Bergbau 1997 anführen:

„Als am 14. Februar 220.000 Menschen im Ruhrgebiet unter Führung der IGBE zur längsten Menschenkette in der deutschen Geschichte auf die Straße gingen, sollte dieser symbolische Protest laut IGBE-Chef Berger die ‘höchste Kampfform’ gegen die Vernichtung von 70.000 Arbeitsplätzen im Bergbau gewesen sein. Die Kohl-Regierung ignorierte den Protest kaltschnäuzig und kündigte beim Kohle-Gipfel am 6. März provokativ erstmals Massenentlassungen im Bergbau an; sie wischte den Berger-Plan der als ‘sozialverträglich’ maskierten Vernichtung von 45.000 Arbeitsplätzen als ‘nicht weitgehend genug’ vom Tisch. Das stieß unter den Massen auf Wut und Empörung. Das Scheitern der reformistischen Taktik der Beschränkung auf symbolische Aktionen machte so den Weg frei für den Weg des selbständigen Kampfes.

Schon am 5. März hatte der seit Aufklärung des Dioxin-Skandals unter den Kumpeln anerkannte Vortrieb bei der Zeche Hugo zum ‘Proteststreik’ aufgerufen. Nach einer dreitägigen Massendiskussion über den Weg des Kampfes gaben die Hugo-Kumpel am 7. März mit der selbständigen Aufnahme des Streiks gegen den Widerstand der reformistischen Betriebsräte das Signal. Bereits mittags standen sämtliche Zechen im Ruhrgebiet und an der Saar still. Etwa 130.000 Beschäftigte im Bergbau beteiligten sich an dem 6-tägigen Massenstreik - der erste solchen Ausmaßes und Dauer im Bergbau seit über 40 Jahren. Die Schwäche des Kampfes war, daß seine Radikalität und der ihn tragende Kampfgeist in keinem Verhältnis zur Organisiertheit und politischen Klarheit stand. So konnten die Reformisten relativ widerspruchslos die klassenversöhnlerische Losung vom ‘Kampf für Subventionen’ verbreiten. Taktisch flexibel stellten sie sich zudem an die Spitze der Streiks. Obwohl die täglichen Versuche, den Streik abzubrechen, am Widerstand der Kumpel scheiterten, gelang es ihnen letztlich, den Ausgang des Kampfs maßgeblich zu prägen. Unterstützt wurden sie von den bürgerlichen Massenmedien. Um Einfluß auf die selbständigen Aktionen nehmen zu können, schlugen sie sich scheinbar auf die Seite der Arbeiter und berichteten zeitweise halbstündig. Das hatte natürlich auch den positiven Effekt, daß die Sympathie unter den Massen für diesen Kampf wuchs und er Symbolcharakter erhielt.

Die rechte Gewerkschaftsbürokratie orientierte nach einem Geheimtreffen mit der RAG-Spitze am 7. März auf ‘Betriebsbesetzungen, ohne Einstellung der Produktion. Wer nur das Wort »Streik’ in den Mund nahm, wurde von den Reformisten niedergeschrieen. Bis heute wird der Charakter des Kampfs als selbständiger Massenstreik in den bürgerlichen Medien weitgehend verschwiegen. Kämpferische Kollegen, die trotz aller von den Reformisten organisierten pausenlosen Aktivität vor und in den Zechen verblieben, verhinderten sechs Tage lang den Streikabbruch. Es gelang jedoch noch nicht, massenhaft einen bewußten Streik zu organisieren gegen die Desorganisation durch die Reformisten.

Im Verlauf des Kampfes nahmen Politisierung und Verschärfung der Kampfformen zu. Am 11. März stürmten Kumpel in Bonn die Bannmeile (im Regierungsviertel) und riefen ‘Wir sind das Volk! Kohl muß weg!’ Die Ablehnung des Berger-Plans, dessen Wesen von vielen Kumpeln jetzt erstmals überhaupt richtig wahrgenommen wurde, nahm unter dem Einfluß des jetzt als Streikzeitung an allen Zechen des Ruhrgebiets erschienenen Vortriebs und der MLPD zu. Der Kampf drohte für die Herrschenden unkontrollierbar zu werden. Solidaritätsaktionen verbreitern sich, und am 13. März streikt auch Opel Bochum für 5 Minuten. Hatte Kohl noch am 11. März selbstherrlich erklärt ‘Wer glaubt, mich als Bundeskanzler in die Knie zwingen zu können, der täuscht sich.', so mußte seine Regierung am 13. März einen offenen Rückzieher machen. Sie kündigte an, daß es ‘keine Massenentlassungen’geben werde. Zwar zweifelten viele, ob diesen Ankündigungen zu trauen ist, doch folgten sie der Hoffnung, daß es ‘nicht so schlimm kommen wird’ Die kleinbürgerlich-reformistische Denkweise erwies sich als tief verwurzelt; sie kann durch einen Kampf wohl aufgebrochen, aber nicht überwunden werden.

Die Herrschenden versuchten, den Kumpeln eine negative Kampferfahrung beizubringen. Sie wurden zu Sonderschichten gezwungen, der Lohn gekürzt und 45 Ermittlungsverfahren eingeleitet. In den bürgerlichen Massenmedien herrschte Funkstille. Noch am 13. März hoffte Berger: ‘Der 13. März steht am Ende einer Auseinandersetzung.’ Der Vortrieb und die MLPD halfen den Kumpel, positive Schlüsse zu ziehen. Noch im Streik hatte der Vortrieb die ‘Lüge von den Subventionen’ und die Illusion vom ‘sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau’ entlarvt. In beiden Punkten sind die Kumpel heute im Massenumfang über den ‘Sozialpartner’ RAG desillusioniert. Viele Kumpel spüren, daß der anstehende Kampf gegen 11.200 Entlassungen und weitere Zechenstillegungen härter werden wird. Er muß systematisch vorbereitet und mit klaren Klassenforderungen und selbständig organisiert werden. Dagegen wird von den bürgerlichen Massenmedien gezielt zum Mittel der Demoralisierung gegriffen."(Politischer Bericht des ZK der MLPD, Februar 1998, S. 5-8)

II. Zur Bedeutung der chinesischen Kulturrevolution für die internationale kommunistische Bewegung

Die MLPD ist der Ansicht, dass es zu einem neuen Aufschwung im Kampf für den Sozialismus nur dann kommen wird, wenn die internationale marxistisch-leninistische und Arbeiterbewegung die Lehren zieht aus der Restauration des Kapitalismus in ausnahmslos allen ehemals sozialistischen Ländern. Dazu hält die MLPD in ihrem Parteiprogramm fest: „Der Klassenkampf zwischen dem sozialistischen und kapitalistischen Weg bestimmt die Entwicklung der Widersprüche auch in einer sozialistischen Gesellschaft während einer sehr langen geschichtlichen Periode. Dieser Kampf wird vor allem als Kampf um die Denkweise ausgetragen.

Mit einer kleinbürgerlichen Denkweise kann man den Sozialismus nicht aufbauen. Im Gegenteil, der Sozialismus wird untergraben, ausgehöhlt und letztlich zerstört. Der Sozialismus kann nur siegen, wenn die proletarische, sozialistische Denkweise vorherrscht. Dazu ist die Kontrolle über die Denkweise der verantwortlichen Bürokratie auf allen Ebenen und die Entwicklung und Festigung der proletarischen Denkweise der Massen ausschlaggebend." (Parteiprogramm der MLPD, S. 46/47)

Mit der Mobilisierung der Millionenmassen hat Mao Tsetung die einzig mögliche und richtige Antwort gefunden, um eine drohende Restauration des Kapitalismus zu verhindern und die Diktatur des Proletariats zu festigen. Es ist gerade der Verzicht auf die Mobilisierung der Massen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie, den die MLPD als einen der Hauptfehler des Klassikers des Marxismus-Leninismus, Stalin herausstellt. Um so wichtiger ist es, dass sich die marxistisch-leninistische und Arbeiterbewegung die Lehre Mao Tsetungs von der Großen Proletarischen Kulturrevolution zu eigen macht. Die MLPD hat deren Prinzipien folgendermaßen zusammengefasst:

„Die Große Proletarische Kulturrevolution bedeutet:

  1. die höchste Form des Klassenkampfes in der sozialistischen Gesellschaft.
  2. die Weckung und sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewusstseins der Volksmassen mit Hilfe von Kritik und Selbstkritik und durch Studium der Maotsetungideen bei gleichzeitiger konkreter Anwendung in der Praxis.
  3. die konkrete Form der Anwendung der Diktatur des Proletariats gegen die Bürokratisierung des Partei-, Staats- und Wirtschaftsapparates (gegen die Machthaber, die den kapitalistischen Weg gehen),
  4. die Errichtung eines ideologisch-politischen Dammes gegen die Gefahr der Restaurierung des Kapitalismus.

Die Idee der Großen Proletarischen Kulturrevolution bedeutet eine großartige Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus unter den Bedingungen des Klassenkampfes im Sozialismus. Dieser Klassenkampf äußerst sich als Diktatur des Proletariats durch stärkste Kontrolle über die Bürokratie. Diese wird durch eine kleinbürgerliche Denkweise gelenkt, die durch die Tradition der bürgerlichen Ideologie immer wieder spontan entsteht. Sie ist darum bestrebt, sich von den Massen zu lösen, sie zu verachten und zu ignorieren.

Diese Bürokratie entwickelt sich systematisch zu einer neuen Klasse, die den kapitalistischen Weg geht und die Gefahr der Restauration des Kapitalismus heraufbeschwört. Dann muss eine neue Proletarische Kulturrevolution die Gefahr wieder beseitigen." (Willi Dickhut, Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD, Stuttgart, 1979, Bd. II, IV. Teil, S. 540/541)

Die Große Proletarische Kulturrevolution war und ist das Hauptziel der wildesten Attacken der modernen Revisionisten und modernen Antikommunisten. Auch die heutigen revisionistischen Führer Chinas lassen keine Gelegenheit aus, mit Lügen und Verleumdungen die Errungenschaften der Kulturrevolution zu bekämpfen und die gestürzten Arbeiterfeinde und Konterrevolutionäre zu rehabilitieren. Begierig greifen die westlichen Imperialisten die neuesten Machwerke aus China in ihren Medien auf, um die Arbeiterklasse zu täuschen. In ihrer Hetze gegen die Kulturrevolution sind sich westliche Imperialisten, moderne Revisionisten Moskauer und Pekinger Prägung, Trotzkisten, die Anhänger der Hoxha-Linie und die Antiautoritären einig. Zweifellos kam es auch im Verlauf der großen proletarischen Kulturrevolution, ebenso wie in jeder großen Revolution in der Geschichte, zwangsläufig zu einigen Fehlern und Überspitzungen. Diese sind aber von untergeordneter Bedeutung und können den Erfolg der Kulturrevolution nicht schmälern. Wo gekämpft wird, werden auch Fehler gemacht, und auch beim Parteiaufbau geht es nicht ohne Fehler ab.

Allerdings warf auch Mao Tsetung die Frage der Kontrolle der Denkweise nicht in ihrer ganzen Konsequenz auf. Die Kommunistische Partei Chinas hatte zu keiner Zeit selbständige Kontrollorgane. Damit war auch deren ZK ohne Kontrolle und das in einer Situation schärfster ideologischer Kämpfe um den sozialistischen Aufbau. Eine ZKK in China hätten den folgenschweren Fehler Maos im April 1976 kritisieren müssen. Unter seinem Vorsitz beschloss das ZK der KP Chinas, den von ihm entlarvten Liquidator Deng Xiao Ping nicht aus der Partei auszuschließen. Das war eine falsche Behandlung der antagonistischen Widersprüche. Das sollte sich vor allem nach dem Tod Mao Tsetungs als fatal erweisen. Das schmälert in keiner Weise die Verdienste Mao Tsetungs. Er lehrte und praktizierte die Mobilisierung der Massen zur Ausübung der politischen Führung zum Kampf gegen die kleinbürgerlich denkenden Bürokraten.

„Das hat Lenin immer wieder gefordert, Stalin wiederholt, aber nicht verwirklicht, und Mao Tsetung durch die Große Proletarische Kulturrevolution praktiziert. Mehrere Kulturrevolutionen werden notwendig sein, um endgültig durch eine ständige proletarische Erziehung über die kleinbürgerliche Denkweise in der Bürokratie zu siegen. Es bleibt die Alternative:

Sieg der kleinbürgerlich denkenden Bürokratie bedeutet Sieg der Konterrevolution!

Sieg der Proletarischen Kulturrevolution bedeutet Sieg des Sozialismus!" (Sozialismus am Ende?, Essen 1992, S. 39)

Mit der Restauration des Kapitalismus in der VR China steht jedoch nicht mehr die Aufgabe einer erneuten proletarischen Kulturrevolution, sondern die Durchführung einer proletarischen Revolution zum Sturz der neuen Bourgeoisie in der Partei-, Wirtschafts- und Staatsführung. Die proletarische Kulturrevolution bleibt jedoch eine wichtige Lehre für die Führung des Klassenkampfs im Sozialismus.

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