Religion
Die Religion ist eine der wichtigsten Formen der bürgerlichen Ideologie und hat ihre Wurzeln in der Unwissenheit über die gesellschaftlich wirkenden Gesetzmäßigkeiten in der Klassengesellschaft. Sie ist eine idealistische Widerspiegelung der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Einerseits ist es ihre Aufgabe, eine Ergebenheit in das Schicksal der Unterdrückung und der herrschenden Moral zu erzeugen, sie drückt aber auch die Unzufriedenheit der Menschen aus und ihre Suche nach Erklärung, Trost und Gerechtigkeit.
Dieser Widerspruch führt dazu, dass im Lauf der Entwicklung der Klassengesellschaft gläubige Menschen den Erlösungsgedanken immer wieder zu ihrem praktischen Handeln machten und sich an Aufständen und Rebellionen beteiligten. Deshalb bekämpfen wir nicht die Gläubigen, sondern respektieren ihren Glauben und arbeiten auf Basis der weltanschaulichen Offenheit im gemeinsamen Kampf mit ihnen zusammen.
Für die marxistisch-leninistische Partei gilt: Die ideologische Grundlage ist der Atheismus (dialektischer Materialismus), den wir auch im Kampf gegen den Idealismus streitbar verteidigen und propagieren. Das schließt aber auch ein, dass klassenkämpferische Menschen, die religiös sind, Mitglied in der MLPD werden können. Auf der Grundlage des gemeinsamen Kampfes und mit Hilfe der revolutionären Theorie können die Mitglieder ihr Bewusstsein ständig höherentwickeln bis zum sozialistischen Bewusstsein.
Gleichzeitig klären wir darüber auf, dass Kirche und Religion für die Herrschenden seit jeher auch Hauptstützen für die Aufrechterhaltung der patriarchalischen Familienordnung und der besonderen Unterdrückung der Frauen waren. Nicht nur der Islam, sondern auch die katholische Kirche zeichneten sich im Laufe ihrer Geschichte durch tiefe Frauenfeindlichkeit aus. So verknüpften die kirchlichen Moralvorstellungen die Sexualität mit tiefen Schuldgefühlen und wird weiterhin von reaktionären Kräften der Islam zur Propagierung patriarchalischer feudaler Familienbeziehungen verbreitet. (Siehe dazu den Abschnitt: „Die Rolle der bürgerlichen Weltanschauung, von Tradition und Moral“, in „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“, S. 73-80) Auch wenn sich die Menschen zu keiner Zeit widerspruchslos diesen lebensfeindlichen Vorgaben unterwarfen, wirken die modernen Ketten der bürgerlichen Moral und religiöser Traditionen über Gefühle und Gewohnheiten, die wie ungeschriebene Gesetze das praktische Verhalten bestimmen.
Wir unterscheiden zwischen Glaube, Religion und der Kirche als organisierte Glaubensgemeinschaft. Die Kirche ist ein Machtinstrument, die sich über die Jahrhunderte stets auf die Seite der jeweils herrschenden Ausbeuterklasse schlug und zu Unterdrückung, Völkermord und Krieg ihren Segen gab. Diese unmittelbare Machtstellung hat die Kirche in dieser Form nicht mehr, sie ist aber über Verträge (Konkordat) eng mit dem bürgerlichen Staat verquickt und verfügt dadurch über ökonomische Mittel und Medienzugang zur Manipulierung der öffentlichen Meinung im Sinne der Herrschenden. Sie nimmt damit nicht unerheblich Einfluss auf die Ausgestaltung des gesellschaftlichen Systems der kleinbürgerlichen Denkweise. Zahlreiche Sendungen im Abendprogramm des Fernsehens bringen so den Menschen Kirchenrepräsentanten (Nonnen, Pfarrer) als aufgeklärte und dem Leben und der Welt zugewandte Leute nahe. Auch wenn unter den Massen die Kritik an der Kirche erheblich gewachsen ist, besonders seit den jüngsten Skandalen über sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, so ist damit der Glaube an ein höheres Wesen, eine über den Menschen stehende Moral, Schicksal usw. noch lange nicht verschwunden.
Im Sozialismus gibt es Religionsfreiheit. Erstens wird die Trennung von allen organisierten Glaubensgemeinschaften und dem Staat wirklich uneingeschränkt vollzogen. Zweitens gibt es keine vorherrschende Staatsreligion sondern alle Religionen sind wirklich gleichberechtigt. Die Religion hat es nicht schon immer gegeben und wird es auch nicht immer und ewig geben. Sie wird verschwinden, wenn ihre Grundlage beseitigt ist: Die Klassengesellschaft und ihre Denkweise.