Tibet
Die Befreiung des Volkes von Tibet im damals sozialistischen China und die Rolle des Dalai Lama
Als Gespräch mit einem „Religionsführer“ bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Empfang des Dalai Lama am 23. September im Kanzleramt. Es war die höchste Anerkennung einer westlichen imperialistischen Macht, die dem Dalai Lama bisher zuteil wurde. Aber was heißt hier „Religionsführer“? Der Dalai Lama stand in Tibet an der Spitze einer extrem reaktionären feudalistisch-klerikalen Fron- und Sklavenherrschaft. Und seit er Tibet verließ, steht er für einen aggressiven Antikommunismus. Ehrendoktorwürde und ein Medienrummel ohnegleichen begleiteten Merkels Empfang für den Ex-Herrscher.
Der Kampf für Tibets Freiheit sah und sieht anders aus
Tibets Status sei „umstritten“, das autonome Gebiet sei 1951 von China „annektiert“ worden, heißt es in bürgerlichen Medien, z. B. im „Spiegel-Jahrbuch 2004“. Es wird behauptet, das damals sozialistische China hätte sich fremdes Gebiet angeeignet. Damit soll der prinzipielle Unterschied zwischen imperialistischer und sozialistischer Außenpolitik verwischt und der Sozialismus verunglimpft werden.
Tibet – seit dem Jahr 1253 Teil Chinas
Tibet war in Wirklichkeit seit 1253 Teil Chinas, zunächst Yünans, dann Zentralchinas. Damals herrschten weltliche Feudalherren. Seit 1653 wurde der religiöse Führer, der zugleich die Macht ausübte, nämlich der Dalai Lama, vom chinesischen Kaiser ernannt. Im Jahre 1751 richtete der chinesische Kaiser eine tibetische Lokalregierung, die so genannte Kasha, ein. Dieser stand der Panchen Lama vor.
Großbritannien, Kolonialherr Indiens, griff 1904 von Bhutan aus Tibet an. Es gelang Großbritannien, ein Handelszentrum, einen Militärkomplex und eine Schule für den Adel, deren Sprösslinge sich immer wieder für die Interessen des britischen Imperialismus hergaben, durchzusetzen. Bis 1947 wurden mehrere Panchen Lamas ermordet, die den Briten nicht zu Diensten waren. 1913–14 versuchte Großbritannien, Tibet durch Verhandlungen von China zu trennen, was ihnen nicht gelang.
1949, als ganz China bis auf Taiwan und Tibet von Japan und den Feudalherren befreit war, wollten die USA Tibet von China lostrennen, als unabhängigen Staat anerkennen und militärisch „unterstützen“, ließ Truman dem Panchen Lama mitteilen.
Die chinesische Volksbefreiungsarmee dagegen wollte 1949/50 auch die tibetischen Leibeigenen befreien. Sie schickte zur Vorbereitung einen Gesandten. Den ermordete der britische Agent Robert Ford. Im Oktober 1950 marschierte die Volksbefreiungsarmee ein, nach wenigen Tagen war die tibetische Armee besiegt. Reaktionäre Feudalherren entführten den Dalai Lama, damals 14-jährig, an die indische Grenze. Aber viele protestierten, er konnte nach Lhasa zurückkehren und trat 1951 die Regierung an. Er schloss einen 17-Punkte-Vertrag mit der chinesischen Zentralregierung über die friedliche Befreiung von der Feudalherrschaft ab. Diese wurde allerdings bis 1959 nicht durchgeführt, weil sich reaktionäre Adlige und Lamas dagegen stellten. Kennzeichnend für die chinesische Politik in Tibet war, Reformen nicht zu übereilen und religiöse Gefühle nicht zu verletzen.
In Tibet bestand ein Leibeigenschafts- und Sklavensystem
90 Prozent der Bevölkerung waren entweder Leibeigene oder Sklaven. Das Land gehörte zu 38 Prozent der Kasha, der Verwaltung unter dem Lama, zu 37 Prozent den 2.711 Klöstern, vor allem den drei größten, und zu 25 Prozent dem Adel. 300 Adelsfamilien herrschten, aus ihnen rekrutierten sich die obersten Lamas, während die Masse der Mönche ebenfalls auf Lebenszeit zu Diensten auf den Klöstern ohne Entlohnung verpflichtet war und sich von Leibeigenen nicht unterschied. Es gab keine Schulen, keine Krankenversorgung, außer einer sehr primitiven für die Herrschenden, keine Industrie. Die Leibeigenen mussten eine Kopfsteuer zahlen, für die sie sich tief verschulden und oft sich selbst oder ihre Kinder verkaufen mussten. Flüchtlingen, und davon gab es viele, wurden Hände oder Füße abgehackt oder die Augen ausgestochen. In einigen Klöstern wurden aus Beinknochen von Dienstmädchen Trinkhörner und aus der Haut von Menschen Trommeln hergestellt.
Es ist eine menschenverachtende Manipulation der öffentlichen Meinung, wenn dieses System in bürgerlichen Massenmedien mit Worten von „Vergeistlichung“ und „Harmoniestreben“ der Tibeter gepriesen wird. Als hätten die Sklaven die Unterdrückung freiwillig ertragen.
Nach 1951 gab es nur kleine Verbesserungen, weil der größte Teil des Adels sich gegen die Aufhebung von Leibeigenschaft und Sklaverei stellte und weil die Politik Chinas darin bestand, die Massen zu erziehen, sich selbst zu befreien. Durch die Anwesenheit der Volksbefreiungsarmee konnten jetzt aber viele Leibeigene fliehen. Sie fanden Arbeit beim Straßenbau oder beim Bau von E-Werken und Krankenhäusern. Erstmals in ihrem Leben erhielten sie Lohn. Außerdem sorgte China für eine Herabsetzung der Konsumgüterpreise.
Die „Flucht“ des Dalai Lama
Im März 1959 putschten vier der sechs Minister des Dalai Lama. Sie nahmen diesen gefangen und richteten ein Blutbad in Lhasa und anderen Städten unter der Bevölkerung an. Nach zehn Tagen griff die Volksbefreiungsarmee ein. Die Putschisten flohen nach Indien und nahmen den gefangenen Dalai Lama mit. Jetzt wurde die Macht einem „Vorbereitungskomitee für das autonome Gebiet Tibet“ übertragen. Dessen nomineller Vorsitzender blieb der Dalai Lama. Er kehrte aber nicht nach Tibet zurück. Im Exil änderte er seine bis dahin kooperative Haltung gegenüber demokratischen Reformen und wurde zum Gegner der Befreiung.
Wenige Monate nach der Niederschlagung des Putsches begann eine mehrwöchige Konferenz von 600 Tibetern, darunter neben Adligen und Lamas, die sich nicht an dem Aufstand beteiligt hatten, 100 ehemalige Leibeigene, die zum ersten Mal in der Geschichte Tibets mit Adligen an einem Tisch sitzen und verhandeln durften. Leibeigenschaft und Sklaverei wurden aufgehoben. 1960 fanden Wahlen statt. Überall entwickelten sich Komitees für Selbstbefreiung. Schon 1961 hatten sich über 1.000 Bauernassoziationen entwickelt, die das Land in gegenseitiger Hilfe bewirtschafteten. Durch Experimentierfarmen, Entwicklung von Fabriken, die Hilfe mit Maschinen und Lehrern entwickelten sich Wirtschaft, Kultur, Bildung. Es gab erstmals Schulen, Krankenhäuser und kostenlose medizinische Versorgung für die Massen. Die landwirtschaftliche Erzeugung nahm in sechs Jahren um 45 Prozent im Durchschnitt zu. Die Viehproduktion um 35 Prozent. Es gab keine Hungertoten mehr. Über diesen enormen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufschwung Tibets im damals sozialistischen China wird in den bürgerlichen Massenmedien wohlweislich geschwiegen.
Heute herrscht auf Grund der Restauration des Kapitalismus in China, die Deng Xiaoping nach dem Tod Maos durchführte, erneut Unterdrückung und Ausbeutung. Tibet ist reich an Öl, Gas, Kupfer, Chromit und anderen Erzen. Ganze Regionen werden von der bürokratischen Bourgeoisie Chinas zusammen mit den neuen Wirtschaftsbossen ausgeplündert – auf Kosten von Natur und Mensch. Heute steht ein neuer Kampf um Befreiung an, jetzt gegen den restaurierten Kapitalismus Chinas, den Hauptfeind der gesamten chinesischen Arbeiterklasse. Die tibetischen Arbeiter und Volksmassen müssen dabei auch fertig werden mit den nationalistischen Spaltungsversuchen von Merkel, Dalai Lama und Co., die noch dazu von vielen „Nichtregierungsorganisationen“ ins Land getragen werden.
(Dieser Artikel erschien erstmals in der „Wochenzeitung „Roten Fahne“ 39/2007)