Nr.21/03 23.5.2003: Der Klassenkampf macht keinen Urlaub
In der dritten Mai-Woche fanden in Österreich die größten Massendemonstrationen und Streiks seit 50 Jahren statt. Sie richten sich vor allem gegen die Pläne der österreichischen Regierung, Rentenkürzungen bis zu 40 Prozent vorzunehmen. Arbeiter aus Industriebetrieben, Druckereien und öffentlichen Verkehrsbetrieben, Lehrer, Studenten usw. - und Urlauber gingen gemeinsam auf die Straßen. Hier ein besonderer Erfahrungsbericht:
Dresden (Korrespondenz): Kurzurlaub in Österreich. Erholung, unsere lieben Freunde besuchen, richtig ausschlafen, wandern gehen, Ruhe und Natur genießen - so lassen sich zusammengefasst wohl unsere Vorstellungen beschreiben, als wir zu viert Anfang letzter Woche losfuhren.
Dass bereits seit Tagen in Hunderten Betrieben, Verwaltungen, in Druckereinen und Schulen "unseres Urlaubslands" Protestaktionen und Streiks gegen die volksfeindliche Pensionsreform der rechten Schüssel-Regierung vorbereitet wurden, hatten wir erstens nicht gewusst - soviel zur Rolle der Medien. Und zweitens hatten wir es in Österreich - dem Land der Berge, Wälder und einer jahrelangen "Sozialpartnerschaft" nicht erwartet - soviel zu uns...!
Erst hinter der Grenze bekamen wir langsam Wind davon, dass die Österreicher mit einem landesweiten und branchenübergreifenden Streik- und Protesttag am 13. Mai ihrer Regierung den Kampf angesagt haben, der sich - so unser Eindruck - noch weiter entfalten wird und in dem hervorragende Möglichkeiten zur Stärkung der Arbeitereinheit und für den gemeinsamen Kampf gegen die Krisenprogramme von Regierungen und Monopolen in Europa stecken!
Erholt haben wir uns trotzdem - oder vielleicht besser gesagt gerade weil wir Österreich genau in diesen Tagen kennen gelernt haben! Natürlich haben wir die Gelegenheit genutzt, uns über den Kampf der Arbeiter- und Volksbewegung zu informieren, uns mit Leuten auszutauschen, unsere Solidarität zu bekunden und bei einer Protestkundgebung sowie zahlreichen persönlichen Gesprächen den Gedanken der internationalen Arbeitereinheit zu propagieren. Wir haben einiges gelernt.
Gelernt haben wir aber vor allem, dass der Klassenkampf keinen Urlaub macht, und zwar in keinem Land und schon gar nicht in diesen Zeiten! Das hätten wir uns nach der Lektüre der ersten Seiten des spannenden Buchs mit dem Titel "Götterdämmerung über der ,neuen Weltordnung`" eigentlich denken können - oder?