Nr.33/03 15.08.2003: Wer blockiert notwendige Maßnahmen zur Rettung der natürlichen Umwelt? Leseprobe aus: Stefan Engel, Götterdämmerung über der "neuen Weltordnung"

Der Treibhauseffekt, eine krisenhafte Veränderung der Erdatmosphäre Im 20. Jahrhundert stiegen die Durchschnittstemperaturen weltweit um 0,6 Grad Celsius an. Selbst ein UN-Bericht (IPCC, 2001) sprach von "neuen und stärkeren Beweisen", dass der überwiegende Teil der globalen Erwärmung der letzten 50 Jahre durch menschliches Verhalten verursacht wurde. Dieses wiederum ist durch die kapitalistische Produktionsweise und die kapitalistische Gesellschaft geprägt.

Die Internationalisierung der Produktion, vor allem die Neuorganisierung der internationalen Produktion, hat die krisenhafte Klimaveränderung weiter beschleunigt. Die USA allein sind für ein Viertel des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen verantwortlich. Insgesamt produzieren die führenden imperialistischen Staaten fast zwei Drittel aller CO2-Emissionen, das ärmste Fünftel der Weltbevölkerung dagegen nur zwei Prozent. Die 1990er Jahre waren das wärmste Jahrzehnt des vergangenen Jahrtausends.

Die Zielvorgaben des Kyoto-Protokolls von 1997 zur Reduzierung der Treibhausgase beruhten von vornherein auf einer faulen Grundlage. Während Wissenschaftler forderten, die CO2-Emissionen in den nächsten 100 Jahren auf Null zu reduzieren, sah das Kyoto-Protokoll nur eine Reduzierung bis 2012 auf 5,2 Prozent unter dem Niveau von 1990 vor. Nach Meinung des Klimaforschers Hans-Joachim Schellnhuber müsste es aber gelingen, die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre keinesfalls über 500 Volumenanteile pro Million (500 ppmv) ansteigen zu lassen. 2001 lag die Konzentration bei 370 ppmv:

"Selbst wenn sich der CO2-Wert stabilisieren lasse, werde es noch einen >Rest von Klimawandel< geben, an den sich die >Völker der Welt< anzupassen hätten. Sie müssten höhere Deiche bauen und neue Wasserressourcen erschließen. Sie müssten die Landwirtschaft umstellen und die Städte so umbauen, dass in ihnen das Leben auch unter den neuen Bedingungen erträglich sei. Es werde unter Umständen so sein, als habe sich Deutschland fünf Breitengrade nach Süden verschoben. Zusammengenommen beliefen sich die Kosten auf schätzungsweise 100Milliarden US-Dollar pro Jahr." ("Süddeutsche Zeitung" vom 11.Juli 2001)

Ein Blick auf die CO2-Emissionen der wichtigsten Länder zeigt, dass die meisten gar nicht daran denken, selbst diese unzureichenden Zielvorgaben einzuhalten. Gerade in führenden imperialistischen Staaten haben die Emissionen zugenommen.

Das Weltklima wurde längst zum Gegenstand des Konkurrenzkampfs der internationalen Monopole: So musste die Weltklimakonferenz von Den Haag im November 2000 wegen nicht beizulegender Gegensätze zwischen der EU und den USA ergebnislos vertagt werden. Den vorläufigen Höhepunkt bildete der völlige Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Protokoll im März 2001 - ein Ausdruck der bedingungslosen Unterordnung der US-Regierung unter die Profitinteressen der amerikanischen Energiemonopole. Entsprechend sah das Energiekonzept der Bush-Regierung den Bau von bis zu 1900 Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken oder Atomkraftwerken bis 2020 vor sowie die verstärkte Ausbeutung neuer Öl- und Gasvorkommen - auch in den bedeutendsten Naturschutzgebieten Alaskas.

Entgegen allen scheinheiligen Erklärungen des Bundesumweltministers Trittin sind es die Profitinteressen der internationalen Monopole, die die Umweltpolitik der Schröder/Fischer-Regierung bestimmen. So kehrte sie oft den Erfolg einer CO2-Reduktion von zirka 15 Prozent in Deutschland hervor. Dabei war der größte Anteil davon auf die rigorose Demontage umweltbelastender Schwerindustrie-Anlagen der ehemaligen DDR zurückzuführen. Im Jahr 2000 stieg der CO2-Ausstoß in der BRD bereits wieder auf 862,6 Millionen Jahrestonnen im Vergleich zu 853,9 Millionen Jahrestonnen 1999.

Das Image des vorbildlichen Umweltschützers nutzt die Regierung auch, um demagogisch die massiven staatlichen Subventionen für die Monopole zu rechtfertigen, die in der Umwelttechnologie tätig sind. Bei Produkten für den Umweltschutz lag Deutschland 1999 mit einem Welthandelsanteil von 17,5 Prozent auf dem zweiten Platz hinter den USA (18 Prozent) und vor Japan (13 Prozent). Über 10000 Unternehmen bieten in Deutschland Produkte und Dienstleistungen im Bereich Umweltschutz an, Jahr für Jahr werden Waren im Wert von rund 20 Milliarden Euro exportiert. In der "Frankfurter Rundschau" war zu lesen:

"Das Jahr 2000 wird (in Deutschland - Verf.) als ein Jahr der Goldgräberstimmung in die Geschichte der erneuerbaren Energien eingehen: ein ungebremster Windboom, eine Nachfrage nach Photovoltaik, die von den Herstellern kaum zu befriedigen ist, zweistellige Zuwachsraten beim Bau von Sonnenkollektoren, Erdwärme und Biomasse im Aufschwung." (25. Juli 2000)

In Deutschland standen schon 2002 mehr als 12000 Windräder, so viele wie in keinem anderen Land. Mit einer Gesamtleistung von annähernd 10000 Megawatt hatten sie ungefähr die Hälfte der Kapazität der deutschen Atomkraftwerke. Vor diesem Hintergrund konnte sich Deutschland mit einem Weltmarktanteil von etwa 34 Prozent die internationale Spitzenposition beim Bau von Windkraftanlagen erkämpfen, vor den USA mit zirka 25 Prozent und Spanien mit zirka 15Prozent. Mit riesigen Windkraftanlagen in der Nordsee ("Offshore-Parks") sollten nach den Vorstellungen der Energiemonopole künftig 80 bis 90 Milliarden Kilowattstunden, das sind rund 20 Prozent des deutschen Strombedarfs, erzeugt werden.

Besonderen Eifer beim Verfolgen der Interessen deutscher Monopole bewies die Bundesregierung mit dem so genannten "Atomkonsens" vom 11. Juni 2001: Er war kein Beschluss zur sofortigen Abschaltung aller Atomkraftwerke in Deutschland, sondern im Gegenteil eine Bestandsgarantie für teils längst schrottreife Atommeiler und eine Absenkung von Sicherheitsbestimmungen. Der "Atomkonsens" war außerdem der Einstieg in ein koordiniertes Atomprogramm der internationalen Energiemonopole. So sollte mit der Fusion von Siemens und dem französischen Framatome-Konzern ein weltweiter Marktführer in der Atomtechnologie entstehen.

Die deutschen Monopole sind, wenn es um ihre Profitinteressen geht, selbstverständlich bereit, diese auf Kosten der Umwelt durchzusetzen. Unter der Überschrift "Unter dem Druck der Chemielobby wird die EU-Kommission weich" berichtete die "Frankfurter Rundschau" am 7. November 2002 von massiven Interventionen der Chemiemonopole, deren Einspruch gegen dringend gebotene, schärfere Zulassungsverfahren für Chemikalien erfolgreich war. Zahlreiche derartige Vorkommnisse strafen das Märchen von der "umweltfreundlichen deutschen Industrie" Lügen.

Bei der Fortsetzung des Den Haag-Gipfels in Bonn vom 16. bis 27. Juli 2001 wurden wichtige Forderungen für den Umweltschutz aufgeweicht. Seitdem können imperialistische Staaten den neokolonial abhängigen Ländern nicht genutzte "Verschmutzungsrechte" abkaufen und müssen dann die vereinbarten CO2-Einsparungen nicht mehr selbst vornehmen. Außerdem dürfen sie ihre Wälder und bestimmte landwirtschaftliche Flächen als "Kohlenstoffspeicher" ("CO2-Senken") auf ihre Klimaschutzziele anrechnen lassen (ein Vorteil vor allem für Japan, Kanada und Russland). Die Weltbank schätzte 2002 den Umfang des "Emissionshandels" auf etwa 100 Millionen US-Dollar, bis zum Ende des Jahrzehnts soll er jedoch ein Volumen von 250 bis 500 Milliarden US-Dollar im Jahr erreichen. Der "Bonner Kompromiss" - offiziell als "Rettung des Kyoto-Protokolls" gefeiert - war in Wirklichkeit eine Bankrotterklärung, eine Ablehnung der Rettung des Weltklimas durch den Imperialismus.

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592 Seiten
Preis Taschenbuch: 14,80 Euro

ISBN: 978-3-88021-357-9


Preis Hardcover: 27 Euro

ISBN: 978-3-88021-340-1

 

im Paket mit CD-Rom
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eBook
Preis: 11,99 Euro

ISBN: 978-3-88021-424-8


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